Untersuchungshaft

Unter den vielfältigen Zwangsmaßnahmen des Strafverfahrens sind wenige so intensiv wie die Untersuchungshaft, welche die Durchführung des Verfahrens sichern soll. Die persönliche Freiheit ist für die Zeit der Haft unwiederbringlich verloren und Kontakt zu Familie und Freunden ist nur noch sehr begrenzt möglich. Umso wichtiger ist es, einen im Strafrecht erfahrenen Rechtsanwalt an der Seite zu haben. Nur dem Verteidiger ist ein ungehinderter Zugang zum Beschuldigten möglich.

Dem Beschuldigten ist nach § 141 Abs. 2 Nr. 1 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellten, wenn er einem Gericht zur Entscheidung über die Haft vorgeführt werden soll. Ihnen steht dabei das Recht zu, einen Verteidiger Ihrer Wahl zu benennen, § 142 Abs. 5 StPO. Nur wenn Sie einen spezialisierten Verteidiger benennen, dem sie vertrauen, kann dieser Sie bestmöglich durch das Verfahren begleiten.

Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Grade da die Folgen der Untersuchungshaft erheblich sind, erwarten die meisten, dass diese nur sehr zurückhaltend eingesetzt wird. In der Praxis werden Haftbefehle jedoch oft ohne Zurückhaltung ausgefertigt. Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten nur angeordnet werden, wenn er

  • der Tat dringend verdächtig ist,
  • ein Haftgrund besteht und
  • die Untersuchungshaft verhältnismäßig ist.

Die einzelnen Voraussetzungen im Detail

Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn eine hohe (oder große) Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist. Vielfach knüpfen Richter nur geringe Anforderungen an diese Überzeugung.

Zu den Haftgründen zählen Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr. Der häufigste Haftgrund ist die Fluchtgefahr. Diese nimmt die Rechtsprechung dann an, wenn die Umstände des Falles es wahrscheinlicher machen, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entzieht, als dass er sich ihm stellen wird. Insbesondere Kontakte ins Ausland und entsprechende finanzielle Mittel können hier ausschlaggebend sein.

Wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass der Beschuldigte auf Beweismittel einwirkt und dadurch die Ermittlungen erschwert, so liegt der Haftgrund der Verdunklungsgefahr vor. Daher sollten Beschuldigte den Kontakt zu Zeugen möglichst vermeiden, da auch das unverfängliche oder gut gemeinte Gespräch schnell den falschen Eindruck erwecken kann und dann zur Verhaftung führt.

Der Erlass eines Haftbefehls ist dann unverhältnismäßig und damit unzulässig, wenn die Untersuchungshaft außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Straferwartung stehen. Das ist auch dann der Fall, wenn der Zweck der Untersuchungshaft auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden kann. Hierunter fallen etwa die Erteilung einer Meldeauflage, die Abgabe des Reisepasses oder die Stellung einer Kaution.

Der Haftbefehl

Gemäß § 114 StPO wird die Untersuchungshaft durch einen schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet. Im Ermittlungsverfahren ist in den meisten Fällen der Amtsrichter als Ermittlungsrichter zuständig, der gemäß § 125 Abs. 1 StPO auf Antrag der Staatsanwaltschaft tätig wird. Nach Erhebung der Anklage liegt die Zuständigkeit bei dem mit der Sache befassten Gericht.

In dem Haftbefehl angegeben werden der Beschuldigte, die Tat, derer er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften, der Haftgrund sowie die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergeben.

Wie wehrt man sich gegen einen Haftbefehl?

In einem Rechtsstaat muss eine staatliche Maßnahme überprüfbar sein. Gegen den Haftbefehl kann eine Haftprüfung beantragt oder Haftbeschwerde einlegt werden. Welcher Rechtsbehelf im konkreten Fall geeignet ist, dafür zu sorgen, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte beraten Sie hierzu in einem persönlichen Termin.

Bei der Haftprüfung nach § 117 StPO wird geprüft, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug auszusetzen ist. Über den Antrag auf Haftprüfung entscheidet der Haftrichter selbst. Die Verhandlung findet auf Antrag oder wenn der Richter dies für sachdienlich hält mündlich und unter bestimmten Voraussetzungen per Videovernehmung statt. Der Antrag kann jederzeit und wiederholt gestellt werden. Jedoch kann der Beschuldigte gemäß § 118 Abs. 3 StPO nicht jedes Mal eine mündliche Verhandlung herbeiführen. War ein Antrag auf Haftprüfung nicht erfolgreich, kann auch gegen diese Entscheidung eine Beschwerde eingelegt werden.

Gegen einen Haftbefehl kann auch eine Haftbeschwerde nach § 304 StPO eingelegt werden. Die Beschwerde führt zur Überprüfung des Haftbefehls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Die Beschwerde wird, soweit ihr nicht durch den Haftrichter abgeholfen wird, der nächsten Instanz zur Entscheidung vorgelegt. Mit der Beschwerde kann auch die Vollstreckung der Untersuchungshaft ausgesetzt werden. Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Haftbeschwerde unzulässig, § 117 Abs. 2 StPO. Der Beschuldigte kann also nicht beide Wege gleichzeitig beschreiten.

Welcher Rechtsbehelf im konkreten Einzelfall zweckmäßig ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Regelmäßig bietet sich eine Haftprüfung an, wenn die tatsächlichen Umstände sich verändert haben und daher eine andere Entscheidung des Haftrichters zu erwarten ist. Die Haftbeschwerde hat den Vorteil, dass ein höheres Gericht den Haftbefehl überprüft. Jedoch können, sofern hauptsächlich um Rechtsfragen gestritten wird, bereits hier ungünstige Weichenstellungen erfolgen. Die Entscheidung sollte daher wohlüberlegt und von einem erfahrenen Strafverteidiger betreut sein.

Dauer der Untersuchungshaft

Die Dauer der Untersuchungshaft hängt vom Verfahren und dessen Umfang ab. Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen, § 121 StPO.

Im Falle eines Verstoßes gegen den Beschleunigungsgrundsatz ist der Haftbefehl aufzuheben. Daher werden Verfahren mit Beschuldigten in Untersuchungshaft regelmäßig besonders schnell bearbeitet. Eine Garantie dafür, dass die Angelegenheit in einem halben Jahr erledigt ist, kann es jedoch nicht geben. Unter außergewöhnlichen Umständen können Beschuldigte und Angeklagte mehrere Jahre in Untersuchungshaft verbleiben. Hier ist es die Aufgabe des Verteidigers, unnötige Verfahrensverzögerung zu verhindern.

Verhaltensweisen bei der Verhaftung

Die Vollstreckung der Untersuchungshaft erfolgt in der Regel ohne vorherige Ankündigung. Die meisten Betroffenen sind daher verunsichert und sehen sich der einschneidenden Maßnahme unvorbereitet ausgesetzt. Während der Verhaftung sind folgende Hinweise zu beachten:

    • Ruhe bewahren,
    • Strafverteidiger kontaktieren,
    • vom Schweigerecht Gebrauch machen – zur Sache sollten keine Angaben ohne vorherige Beratung mit einem anwaltlichen Beistand gemacht werden – ,
    • kontaktieren sie einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens.

Falls Sie sich in Untersuchungshaft befinden, sollten Sie umgehend auf das Strafrecht spezialisierte Rechtsanwälte kontaktieren.

Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu unseren erfahrenen Strafverteidigern auf, wenn Sie sich in Untersuchungshaft befinden oder eine solche erwarten. Unsere erfahrenen Strafverteidiger können Sie hierzu bestmöglich betreuen. Dabei ist uns Diskretion ein großes Anliegen, um auch Ihre Reputation zu schützen.

Entschädigung für die Untersuchungshaft

Im Falle eines Freispruchs oder wenn das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, können Beschuldigte die ihnen durch Ermittlungsmaßnahmen entstandenen Schäden ersetzt verlangen. Hierzu zählen neben möglichen Einbußen durch die Beschlagnahme von Gegenständen auch Gehaltsausfälle und die durch die Haft verlorene Freiheit. Die Höhe der Entschädigung ist auch nach der letzten Reform unangemessen niedrig. Für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung steht dem Betroffenen ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 75 € zu, § 7 Abs. 3 StrEG.