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Anklage erhalten? Bedeutung und Ablauf einer Anklageerhebung

Die Anklageerhebung im deutschen Strafrecht markiert den Übergang vom Ermittlungsverfahren zum gerichtlichen Verfahren. Nach § 152 Strafprozessordnung (StPO) darf nur die Staatsanwaltschaft Anklage erheben und sie ist grundsätzlich sogar dazu verpflichtet, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Die Anklage dient zum einen dazu, den Beschuldigten darüber zu informieren, welche Taten ihm vorgeworfen werden und welche Beweismittel die Ermittlungsbehörden gesammelt haben. Zum anderen unterbricht sie die Verjährung und gibt dem Strafrichter Gelegenheit zur Prüfung, ob er aufgrund des geschilderten Sachverhalts und der Beweise das Hauptverfahren eröffnen soll oder nicht. Der Beschuldigte hat während des gesamten Strafverfahrens eine Reihe von Einflussmöglichkeiten, über die er sich spätestens dann informieren sollte, wenn ihm eine Anklageschrift zugestellt wurde.

Voraussetzungen und Ablauf der Anklageerhebung

Wenn der Verdacht auf eine Straftat besteht, beginnt zunächst das Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft ist „Herrin des Verfahrens“, bedient sich aber zur Aufklärung des Sachverhalts der Kriminalpolizei. Hat die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen, übergibt sie ihre Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft. Diese entscheidet sodann, ob sie Anklage erheben, den Erlass eines Strafbefehls beantragen oder das Verfahren einstellen soll. Nur wenn die Staatsanwaltschaft zu der Einschätzung kommt, dass hinreichender Tatverdacht besteht und die Beweislage zu einer Verurteilung ausreicht, wird sie Anklage erheben. Die Staatsanwaltschaft muss davon überzeugt sein, dass nach der aktuellen Faktenlage ein Freispruch weniger wahrscheinlich ist als eine Verurteilung. Die Anklageerhebung erfolgt, indem die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift anfertigt und diese zusammen mit den Ermittlungsakten an das zuständige Gericht übersendet. Das Gericht überprüft dann die Anklageschrift, eröffnet das Zwischenverfahren und leitet die Anklageschrift an den Beschuldigten weiter, der jetzt als „Angeschuldigter“ bezeichnet wird.

Unterschied zwischen Strafbefehl und Anklage

Im regulären Strafverfahren findet eine öffentliche Hauptverhandlung statt, am Ende fällt das Gericht ein Urteil. Nach § 407 StPO kann die Staatsanwaltschaft aber in bestimmten Fällen einen Strafbefehl erlassen, anstatt Anklage zu erheben und ein Hauptverfahren durchzuführen. In diesem vereinfachten Verfahren ergibt sich die Sanktion direkt aus der schriftlichen Verfügung. Ohne einen fristgerechten Einspruch wird diese rechtskräftig und ersetzt das Gerichtsurteil. Das vereinfachte Verfahren kommt nur in Betracht, wenn es sich um ein Vergehen (nicht ein Verbrechen) handelt und als Höchststrafe eine Freiheitsstrafe auf Bewährung von einem Jahr festgesetzt wird. Weitere mögliche Rechtsfolgen sind zum Beispiel Geldstrafen, Fahrverbote und die Entziehung der Fahrerlaubnis.

Das Strafbefehlsverfahren kommt häufig bei Massendelikten zur Anwendung, deren rechtliche Beurteilung einfach ist, etwa bei Trunkenheitsfahrten. Es hat einige Vorteile gegenüber der Anklage: Es entlastet nicht nur das Gericht, sondern fällt auch kostengünstiger für den Betroffenen aus, da Ausgaben für Zeugen und Sachverständige entfallen. Außerdem findet keine öffentliche Hauptverhandlung statt, die als belastend empfunden wird und zu Reputationsschäden führen kann. Die Nachteile sind, dass der Betroffene nicht angehört wird und schnell reagieren muss, wenn er die Sanktion nicht akzeptieren möchte. Nur wenn er innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegt, kann er die Rechtskraft des Strafbefehls verhindern. Dann kommt es wie im regulären Verfahren zu einer Hauptverhandlung mit abschließendem Urteil.

Verfahrensablauf nach Erhebung der Anklage

Mit der Anklageerhebung beginnt das sogenannte Zwischenverfahren, das in §§ 199-211 StPO detailliert geregelt ist. Das Gericht überprüft jetzt, ob es sich der Ansicht der Staatsanwaltschaft anschließt. Wenn die Anklageschrift fehlerhaft ist oder das Gericht den Tatvorwurf rechtlich anders würdigt, kann sie noch abgeändert werden. Das Gericht hat auch die Möglichkeit, in gewissem Umfang noch eigene Ermittlungen anzustellen, was allerdings in der Praxis selten vorkommt. Hält das Gericht eine Verurteilung nach Aktenlage für hinreichend wahrscheinlich, übersendet es die Anklageschrift an den Angeschuldigten. Gleichzeitig muss es ihn darauf hinweisen, dass er seinerseits Beweiserhebungen beantragen und Gründe gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen kann. Nachdem der Angeschuldigte die Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, entscheidet das Gericht per Beschluss über die Eröffnung des Hauptverfahrens, und der Angeschuldigte wird zum Angeklagten. Die Dauer des Zwischenverfahrens hängt vor allem davon ab, wie stark die Gerichte ausgelastet sind. In Deutschland liegt die Zeitspanne zwischen Anklageerhebung und Hauptverhandlung derzeit bei etwa drei bis sechs Monaten.

Mann liest erschrocken Brief zu seiner Anklage

Anklage erhalten: Was ist zu tun?

Wenn Sie eine Anklageschrift erhalten haben, sollten Sie sich umgehend an einen Strafverteidiger wenden. Machen Sie sich bewusst, dass Ihnen eine Straftat zur Last gelegt wird, die voraussichtlich nicht nur mit einer Bewährungsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet wird und dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht Ihre Verurteilung für überwiegend wahrscheinlich halten. Ohne rechtliche Beratung sollten Sie keinerlei Angaben zur Sache machen, sondern Ihren Verteidiger zunächst Akteneinsicht beantragen lassen. Erst nachdem Ihr Anwalt die Beweismittel gesichtet hat, kann er Ihnen dazu raten, bestimmte Tatsachen einzuräumen oder nicht.

Chancen auf bestmöglichen Verfahrensausgang nutzen

So ernst eine Anklageerhebung auch zu nehmen ist, muss sie nicht mit einer Verurteilung enden! Angeschuldigte sollten sämtliche rechtliche Mittel durch einen Anwalt für Strafrecht prüfen lassen. Im besten Fall lässt sich eine Hauptverhandlung verhindern oder aber eine gute Voraussetzung dafür schaffen, dass ein Hauptverfahren eingestellt wird oder mit einer milden Strafe endet.

Wie kann ein Strafverteidiger die Nichtzulassung der Anklage erwirken?

Direkt nach dem Erhalt der Anklage besteht noch die Chance, das Gericht davon zu überzeugen, sich der Meinung der Staatsanwaltschaft nicht anzuschließen und das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. Ein möglicher Grund für die Nichtzulassung der Anklage ist zum Beispiel, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht, weil der Tatvorwurf nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden könnte. Der Verteidiger kann weiterhin Argumente gegen die Strafbarkeit des Verhaltens vorbringen, etwa weil der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist, der Angeschuldigte nicht vorsätzlich gehandelt hat oder ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund eingreift. Schließlich kann das Fehlen einer Prozessvoraussetzung ein Grund für die Nichtzulassung sein, beispielsweise weil die Tat bereits verjährt ist oder der Geschädigte einen erforderlichen Strafantrag nicht gestellt hat.

Weitere Möglichkeit: Einstellung des Verfahrens

Aber auch wenn das Gericht das Hauptverfahren bereits eröffnet hat, kann ein Verteidiger in diesem Stadium noch versuchen, eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Zunächst kommt nach § 153 StPO eine Einstellung wegen Geringfügigkeit in Betracht, wenn ein Vergehen vorliegt, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und den Täter nur eine geringe Schuld trifft. In der Praxis häufiger sind jedoch Einstellungen nach § 153a StPO. Wenn die Schuld des Täters feststeht, dieser aber bestimmte Auflagen erfüllt, kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, selbst wenn es sich nicht um ein Bagatelldelikt handelt. Als Auflagen kommen vor allem die finanzielle Wiedergutmachung des angerichteten Schadens, Geldzahlungen an gemeinnützige Einrichtungen oder gemeinnützige Arbeit in Betracht. Je nach Fallgestaltung ist auch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar oder an einem sozialen Trainingskurs möglich.

Fazit

Selbst wenn ein Strafverfahren bereits in das Zwischen- oder Hauptverfahren übergegangen ist, haben Sie als Betroffener noch immer eine Reihe von Möglichkeiten, um Strafsanktionen abzuwenden. Die deutschen Ermittlungsbehörden arbeiten zwar im Regelfall sorgfältig, dennoch enden immerhin 20 % aller Hauptverfahren nicht mit einer Verurteilung. Bei einer Anklageerhebung brauchen Sie unbedingt einen Strafverteidiger, weil nur dieser Akteneinsicht erhält. Sie allein könnten sich ohne Kenntnis der Ermittlungsergebnisse nicht effektiv verteidigen. Ein erfahrener Rechtsanwalt für Strafrecht kann außerdem die Rechtslage zutreffend einschätzen, für Sie die richtigen Beweisanträge stellen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die Hauptverhandlung vielleicht noch zu verhindern.

Kontaktieren Sie uns, wenn Sie eine Anklage erhalten haben und eine schlagkräftige Verteidigung brauchen!

FAQ

Wann erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage?

Kommt die Staatsanwaltschaft nach polizeilichen Ermittlungen zu der Auffassung, dass ein hinreichender Tatverdacht auf eine Straftat vorliegt, erhebt sie Anklage. Dazu muss sie auf der Grundlage der verfügbaren Fakten davon überzeugt sein, dass eine Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Die Staatsanwaltschaft erstellt in diesem Fall eine Anklageschrift und sendet sie gemeinsam mit den Ermittlungsakten an das zuständige Gericht.

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