§ 238 StGB: Welche Strafe droht bei Nachstellung?

Der Straftatbestand der Nachstellung, umgangssprachlich besser bekannt als Stalking, hat in den vergangenen Jahren für viele Schlagzeilen und mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Die Berichterstattung führte schlussendlich dazu, dass der deutsche Gesetzgeber eine Ausweitung des Straftatbestandes im Jahre 2021 beschloss. 

Nachstellung meint das ungewollte und wiederholte Verfolgen oder Beobachten einer Person. Beschuldigte sollten den Vorwurf der Nachstellung stets ernst nehmen, auch wenn sie sich selbst als unschuldig wahrnehmen. Der Vorwurf kann nach § 238 StGB zu einer Gefängnisstrafe führen. Doch wer eine andere Person stalkt, kann sich nicht nur nach dieser Norm strafbar machen. Welches Verhalten konkret strafbar ist und welche Strafen bei Nachstellung drohen, erklären wir in diesem Beitrag.

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Stalking-Paragraph: Was bedeutet Nachstellung?

Nach § 238 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, “wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen”. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen verschiedenen Schweregraden der Nachstellung.

Nach dem einfachen Tatbestand der Nachstellung macht sich strafbar, wer wiederholt

  • die räumliche Nähe einer anderen Person aufsucht,
  • unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
  • unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
  • diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
  • zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach §§ 202a ff. StGB (Ausspähen oder Abfangen von Daten) begeht,
  • eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
  • einen Inhalt der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
  • eine vergleichbare Handlung begeht

Darüber hinaus findet sich in § 238 Abs. 2 StGB der besonders schwere Fall der Nachstellung. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wenn

  • eine Gesundheitsschädigung der gestalkten Person oder einer nahestehenden Person verursacht wird,
  • die andere Person oder eine nahestehende Person in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht wird, 
  • es zu einer Vielzahl von Tathandlungen über mehr als 6 Monate kommt,
  • ein Computerprogramm zum digitalen Ausspähen der anderen Person verwendet wird, 
  • bei einer Straftat aus §§ 202a ff. StGB erlangte Abbildung verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, 
  • bei einer Straftat aus §§ 202a ff. StGB erlangter Inhalt verwendet wird, der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht.
  • der Handelnde über 21 Jahre und die gestalkte Person unter 16 Jahre alt ist.

Stalking liegt immer nur dann vor, wenn es zu einer Wiederholung dieser Straftaten kommt. Einzelfälle sind demnach nicht erfasst.

Gesetzesänderung beim Stalking-Tatbestand

Im Jahr 2021 wurde der Straftatbestand der Nachstellung geändert und die Strafbarkeit ausgeweitet. Vor 2021 galt als Stalking nur die beharrliche Nachstellung, seither ist der Wortlaut die wiederholte Nachstellung. Außerdem wurde aus dem Erfordernis einer schwerwiegenden Beeinträchtigung eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung.

Zudem verlangt § 238 StGB nunmehr keinen Erfolg mehr bei der Nachstellung. Bis 2021 war das Delikt ein konkretes Erfolgsdelikt. Das bedeutete zum Beispiel, dass eine gestalkte Person erst umziehen oder andere Schritte zur Verhinderung des Stalkings einleiten musste, um eine Strafbarkeit für den Stalker zu begründen. Seit 2021 ist die Nachstellung hingegen ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das heißt, das Verhalten des Stalkers muss nur dazu geeignet sein, die Lebensgestaltung der anderen Person nicht unerheblich einzuschränken.

Zusätzlich wurde auch die Erforderlichkeit eines Strafantrags gestrichen. Vorher mussten vermeintliche Opfer von Stalking aktiv Strafanzeige bzw. Strafantrag stellen, um eine Verfolgung des Delikts durch die Ermittlungsbehörden zu erzielen. Seither handelt es sich bei § 238 StGB um ein Offizialdelikt, welches auch von Amts wegen verfolgt werden kann. Werden die Ermittlungsbehörden selbständig auf die Tathandlungen aufmerksam, können diese auch selbst Ermittlungen aufnehmen.

Stalking: Welche Straftaten kommen noch infrage?

Neben der Nachstellung nach § 238 StGB können durch Stalking häufig noch andere Straftaten begangen werden. Besonders zu nennen sind dabei: 

Welche Strafe droht bei Stalking?

Für den einfachen Straftatbestand des Stalkings droht nach § 238 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe. Ist der besonders schwere Fall des Stalkings erfüllt, droht hingegen eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten und bis zu 5 Jahren. Hier ist dann keine Geldstrafe mehr möglich. Wird durch das Stalking der Tod der anderen Person, eines Angehörigen oder einer anderen nahestehenden Person verursacht, ist die Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr und bis zu 10 Jahren.

In einigen Fällen kann es auch dazu kommen, dass Beschuldigte auf Grundlage eines Gutachten eines Sachverständigen als schuldunfähig eingestuft werden und deshalb nicht verurteilt werden können. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie ohne Strafe “davonkommen”. Alternativ wird stattdessen häufig der Maßregelvollzug angeordnet. Dieser bedeutet, dass der Verurteilte in einer forensisch-psychiatrischen Klinik untergebracht wird (§ 63 StGB).

Vorwurf der Nachstellung: So verhalten sich Beschuldigte richtig

Wer des Stalkings bzw. der Nachstellung beschuldigt wird, sollte diesen Vorwurf ernst nehmen. Viele Beschuldigte sehen sich selbst nicht als Stalker, durch die Ausweitung des Straftatbestandes oder Fehlgriffe der Justiz können sie dennoch verurteilt werden.

Um das zu verhindern, sollten sich Beschuldigte schnellstmöglich an eine auf das Strafrecht spezialisierte Kanzlei wenden. Wir beantragen Akteneinsicht und unterstützen Sie bei allen weiteren Schritten.

Auf keinen Fall sollten Sie ohne vorherige anwaltliche Beratung eine Aussage bei der Polizei machen. Eine unüberlegte Aussage kann Sie schwer belasten und zu Ihrer eigenen Verurteilung beitragen. Bei dem Kontakt mit den Ermittlungsbehörden und während einer Hausdurchsuchung sollten Sie von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen. Kontaktieren Sie unsere erfahrenen Anwälte und Strafverteidiger für eine rechtliche Erstberatung. Notieren Sie auch gerne unsere Nummern für den Notfall. Unsere spezialisierte Kanzlei konnte schon viele Erfolge für Mandanten erzielen. Wir beraten und vertreten Sie umfassend während des gesamten Prozesses mit dem Ziel, einen Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens zu erreichen.