Eingang zu einer Poizeistation

Vernehmung durch die Polizei: Grundlagen, Ablauf, Tipps

Die Vernehmung durch die Polizei ist ein zentraler Bestandteil vieler Ermittlungsverfahren. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind im deutschen Strafprozessrecht fest verankert und bieten dem Verdächtigen diverse Schutzrechte, darunter das Schweigerecht und die Möglichkeit, jederzeit einen Anwalt hinzuzuziehen.

Eine polizeiliche Vernehmung liegt vor, wenn der vernehmende Polizist dem Beschuldigten in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihm Auskunft verlangt. Sie zielt auf die Erhebung von Informationen zu dem zu ermittelnden Sachverhalt ab. Der Vernommene ist über seine Rechte zu belehren. Das Verhör ist mit der Vernehmung einer Person gleichzusetzen. Der Begriff des Verhörs ist veraltet und findet daher im rechtlichen Sprachgebrauch keine Anwendung mehr.

Abzugrenzen ist die Vernehmung von der informatorischen Befragung. Letztere dient der Polizei dazu, sich einen allgemeinen Überblick über den Tathergang zu machen, bevor eine Beschuldigteneigenschaft begründet ist. In diesem Fall der ersten Informationsgewinnung bestehen keine Belehrungspflichten.

Für den Fall, dass Sie als Beschuldigter vorgeladen werden, liefert Ihnen der nachfolgende Beitrag wertvolle Verhaltenstipps und geht auf den Ablauf einer polizeilichen Vernehmung ein.

Rechtliche Grundlagen

Zur Urteilsfindung in einem Strafverfahren sind die Aussagen von Beschuldigten und Zeugen von zentraler Bedeutung. Die Vernehmung bietet den Ermittlungsbehörden eine effektive Maßnahme , um den betreffenden Sachverhalt zu erforschen.

Die Vernehmung als Beschuldigter hat ihre rechtlichen Wurzeln im Wesentlichen in § 136 StPO. Diese Vorschrift schafft die Rahmenbedingungen für eine Vernehmung und nennt insbesondere die Rechte, über die der Beschuldigte zwingend belehrt werden muss. Wichtig zu wissen ist für Betroffene, dass man der Vorladung zur Vernehmung von der Polizei oder Staatsanwaltschaft als Beschuldigter nicht Folge leisten muss. Mehr dazu erfahren Sie auch hier.

Die Vernehmung von Zeugen wird in den §§ 68 und 69 StPO näher geregelt. Während § 68 StPO die Vernehmung des Zeugen zur Person sowie etwaige in diesem Zusammenhang bestehende Beschränkungen der Angabepflichten aus Gründen des Zeugenschutzes regelt, trifft § 69 StPO Vorgaben zur Vernehmung des Zeugen zur Sache.

Im Gegensatz zum Beschuldigten ist ein Zeuge verpflichtet, sich zur Sache zu äußern. Ausnahmen hiervon stellen das sogenannte Zeugnisverweigerungsrecht oder das Auskunftsverweigerungsrecht dar. Ersteres beschreibt das Recht eines Zeugen, die Aussage zu verweigern, wenn er entweder Angehöriger des Beschuldigten oder Träger eines Berufsgeheimnisses des Beschuldigten (bspw. Arzt oder Rechtsanwalt) ist. Das Auskunftsverweigerungsrecht ermöglicht die Verweigerung zur Beantwortung einzelner Fragen, wenn eine Person sich selbst oder einen Angehörigen belasten würde.

Die Informationsgewinnung von Kindern unterliegt besonderen rechtlichen Voraussetzungen. In der Regel wird sie nur im Rahmen einer Befragung im Beisein eines gesetzlichen Vertreters und nur durch geschultes Personal durchgeführt.

Ablauf einer polizeilichen Vernehmung

Eine polizeiliche Vernehmung lässt sich grundsätzlich in die folgenden vier Phasen unterteilen:

  • Vorbereitung
  • Befragung der Zeugen und Beschuldigten
  • Protokoll, Verlesung und Unterschrift
  • Abschluss

Eine polizeiliche Vernehmung beginnt in der Regel mit der Identifikation der geladenen Person. Die Beamten stellen sicher, dass alle relevanten Details der beschuldigten Person erfasst werden. Anschließend eröffnen sie dem Beschuldigten den Tatvorwurf und belehren ihn über seine Rechte, einschließlich des Rechts, die Aussage zu verweigern und einen Anwalt hinzuzuziehen. Darüber hinaus gibt es in bestimmten Fällen die Möglichkeit, eine polizeiliche Anhörung schriftlich zu tätigen.

Nach dieser Einführung folgt die eigentliche Vernehmung. Bei dieser werden klare Fragen zum Sachverhalt gestellt, welche entweder auf eine präzise Antwort oder auf eine freie Schilderung abzielen. Die Antworten werden protokolliert und können zu einem späteren Zeitpunkt als Beweismittel dienen.

Am Ende wird das Protokoll der befragten Person zur Durchsicht vorgelegt. Sie hat die Möglichkeit, Korrekturen oder Ergänzungen vorzunehmen, bevor sie das Dokument unterschreibt. Dies stellt sicher, dass die aufgezeichneten Aussagen genau und vollständig sind.

Ist die Anhörung abgeschlossen, folgt eine Auswertung der gesammelten Informationen durch die Ermittlungsbehörden, um die nächsten Schritte im Verfahren zu planen. In diesem Rahmen wird der Beschuldigte auch über den weiteren Verlauf informiert. Dies kann insbesondere eine Entlassung oder Festnahme sein.

Was passiert nach der Vernehmung?

Nach der Vernehmung einer beschuldigten Person gibt es mehrere Möglichkeiten des Fortgangs des Verfahrens. Dabei ist es insbesondere relevant, durch welche Behörde der Beschuldigte vernommen wurde und welche Erkenntnisse darin gewonnen wurden.

Wird sie durch die Polizei durchgeführt, werden Zeuge und Beschuldigter im Anschluss üblicherweise entlassen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden eingeordnet und der Strafakte beigelegt. Nach Abgabe der Strafakte an die Staatsanwaltschaft entscheidet diese, ob die bisherigen Ermittlungen genügenden Anlass für eine Anklage vor dem Gericht bieten. Andernfalls stellt sie das Verfahren ein.

Ergeben die in der Vernehmung gewonnen Erkenntnisse jedoch, dass die Voraussetzungen für einen Haftbefehl vorliegen, kann der Beschuldigte im Anschluss an die Befragung sogar festgenommen werden. Hierbei wird das Ziel verfolgt, durch das Gericht einen Haftbefehl zu erwirken.

Mann bei einer polizeilichen Vernehmung

Verhaltenstipps während einer polizeilichen Vernehmung

Eine Vernehmung birgt sowohl für Zeugen als auch für Beschuldigte das Risiko, sich mit unüberlegten Äußerungen in Schwierigkeiten zu bringen. Wenn Sie eine Vorladung erhalten haben, sollten Sie zunächst Ruhe bewahren und keine vorschnellen Aussagen oder Entscheidungen treffen. Bedeutsam ist, ob es sich bei einer polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Vorladung um eine Beschuldigten- oder Zeugenvernehmung handelt.

In jedem Fall ist es ratsam, sich unmittelbar nach Erhalt einer Vorladung rechtlichen Beistand zu sichern. Die Rechte der Beschuldigten und Zeugen in einem Strafverfahren sind sehr umfangreich und können ohne die Expertise eines Verteidigers kaum vollständig gewahrt werden.

Während einer Vernehmung als Beschuldigter gibt es zahlreiche weitere Punkte, auf welche zwingend geachtet werden sollte:

Zunächst sollten keine Informationen preisgegeben werden, die über das Wesentliche hinausgehen. Zudem sollte auch niemals ein freiwilliges Geständnis gemacht werden, ohne sich vorher mit einem Verteidiger besprochen zu haben. Solche Aussagen haben meist keinen positiven Nutzen für das Strafverfahren und beinhalten lediglich das Risiko, dem Vernehmenden tiefgründigere Fragen zu ermöglichen. In der Folge kann dies mitunter zu einer Belastung statt einer Entlastung führen.

Ein freiwilliges Geständnis sollte in keinem Fall ohne vorherige Beratung mit einem Rechtsbeistand erfolgen. Viele Verfahren werden aufgrund mangelnder Beweislage eingestellt. Wenn keine ausreichenden Beweise oder Indizien vorliegen, kann ein Geständnis unter Umständen den Ausschlag zu einer Anklage bzw. späteren Verurteilung geben. Daher empfiehlt es sich auch vor Ort auf der Polizeidienststelle, das Recht auf anwaltlichen Beistand immer einzufordernVon Falschaussagen ist in jedem Fall abzuraten. Solche können als Straftat geahndet werden und stellen die allgemeine Glaubwürdigkeit infrage.

Ein Anwalt kennt die rechtliche Situation und kann diese bestmöglich einschätzen. Weiterhin kennt er sich mit den Vorgehensweisen der Ermittlungsbehörden aus. Gegenüber einem Beschuldigten kann beispielsweise Druck ausgeübt werden, um eine Aussage zu erlangen. Ein Anwalt hilft in solchen Fällen, die Ruhe zu bewahren, statt dem Druck durch reflexartiges Antworten nachzugeben. Eine Aussageverweigerung darf niemals zum eigenen Nachteil ausgelegt werden.

Im Nachgang ist das Vernehmungsprotokoll gründlich zu prüfen und anschließend zu unterzeichnen. Bei falschen Angaben oder Missverständnissen kann vorab eine Berichtigung gefordert werden. Weitere Schritte sollten nur in Absprache mit einem Anwalt unternommen werden.

Rolle des Strafverteidigers während der Vernehmung

Der Begriff des Strafverteidigers ist für die Allgemeinheit oft eng mit einer Hauptverhandlung verbunden. Doch die Arbeit eines Strafverteidigers beginnt weit vorher. Je früher im Ermittlungsverfahren ein Strafverteidiger eingeschaltet wird, desto höher sind die Erfolgsaussichten im Hinblick auf eine Verfahrenseinstellung oder ein günstiges Urteil.

Dabei ist es wichtig, dass seitens des Beschuldigten möglichst noch keine Äußerung vor den Strafverfolgungsbehörden getroffen wurde. Auf dieser Basis kann die Strafverteidigung eine effiziente Strategie entwickeln und insbesondere abwägen, ob es im konkreten Fall sinvoll erscheint, eine Aussage zu treffen und welchen Inhalt diese gegebenenfalls haben soll. Dadurch kann ein Verfahren oftmals ganz gezielt in eine gewünschte Richtung gelenkt werden.

Die Anwesenheit der Verteidigung spielt eine wichtige Rolle bei der Vernehmung. Erfahrene Verteidiger können schnell und routiniert erkennen, wann gegen die Rechte des Beschuldigten verstoßen wird und entsprechend eingreifen.

Zuletzt sichtet ein Strafverteidiger das Protokoll und bewertet den Ablauf der Vernehmung sowie die einzelnen Aussagen. Diese Arbeitsschritte sind besonders wichtig, da bereits kleine Korrekturen in der Formulierung einen großen Einfluss auf die Bewertung der Aussage haben können.

Fazit

Eine polizeiliche Vernehmung kann entscheidende Auswirkungen auf den Verlauf eines Ermittlungsverfahrens haben. Zentrale Beschuldigtenrechte sind das Recht auf Schweigen und die Möglichkeit, einen Anwalt hinzuzuziehen. Diese Rechte schützen den Verdächtigten vor Selbstbelastung und sichern faire Verfahrensbedingungen.

Das Verhalten während einer Anhörung sind ebenfalls von großer Bedeutung. Korrektes und ruhiges Verhalten kann Missverständnisse vermeiden und dazu beitragen, die Situation nicht zu verschärfen. Ein kooperatives Auftreten darf jedoch niemals dazu führen, dass man auf seine Rechte verzichtet oder ohne anwaltliche Beratung Aussagen macht.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass Sie in der Regel nicht ohne anwaltliche Beratung an einer Vernehmung teilnehmen sollten. Die Erfahrung und Expertise einer spezialisierten Anwaltskanzlei können eine maßgebliche Unterstützung während der Beschuldigten- oder Zeugenvernehmung und in eventuellen späteren Verfahrensabschnitten bieten. Eine erfahrene Anwaltskanzlei kann die Rechte des Betroffenen schützen und eine faire Behandlung sicherstellen.

Kontaktieren Sie uns gern für eine entsprechende Beratung, wenn Sie eine Vorladung zur polizeilichen Vernehmung erhalten haben!

Weitere Beiträge