Der Strafbefehl stellt ein vereinfachtes Strafverfahren dar, das ohne eine Hauptverhandlung durchgeführt wird. Das Verfahren kann bei Vergehen angewendet werden, sofern ein Richter den Angeschuldigten für hinreichend tatverdächtig erachtet. Auch wenn im Strafbefehl nur in Ausnahmefällen eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann – und dies nur, wenn deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, ist er dennoch nicht zu unterschätzen. Die im Strafbefehl verhängte Strafe kann dazu führen, dass man als vorbestraft gilt. Man sollte daher immer genau prüfen, ob man den Strafbefehl akzeptiert oder lieber Einspruch einlegt.
Ein Einspruch ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls möglich. Es empfiehlt sich daher, so schnell wie möglich nach der Zustellung einen auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt aufzusuchen und den Strafbefehl von diesem überprüfen zu lassen.
In diesem Artikel informieren wir umfassend über den Strafbefehl, seine rechtlichen Grundlagen, die möglichen Strafen, den Ablauf des Verfahrens, die Einspruchsmöglichkeiten und wie es nach einem Einspruch gegen den Strafbefehl weitergeht.
Was ist ein Strafbefehl?
Ein Strafbefehl verhängt gegen eine Person wegen eines Delikts eine Strafe und ist insoweit vergleichbar mit einem Urteil eines Strafgerichts. Sowohl der Strafbefehl als auch das Urteil führen zu einer rechtskräftigen Verurteilung, wenn sie nicht mit den entsprechenden Rechtsbehelfen angegriffen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen einem Strafbefehl und einem Urteil besteht darin, dass bei einem Urteil zuvor eine in der Regel öffentliche Hauptverhandlung stattgefunden hat, während bei einem Strafbefehl eine solche Hauptverhandlung gerade nicht stattfindet.
Der Angeklagte kann jedoch durch rechtzeitige Einspruchseinlegung die Durchführung einer Hauptverhandlung erzwingen.
Darüber hinaus ist das Strafbefehlsverfahren gegenüber dem gerichtlichen Strafverfahren wesentlich vereinfacht. Im gerichtlichen Strafverfahren kann sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung einlassen, was im Strafbefehlsverfahren nur im Ermittlungsverfahren möglich ist.
Im Strafbefehlsverfahren wird in einer Art „Verwaltungsverfahren“ über die Strafbarkeit und das Strafmaß einer bestimmten Tat entschieden. Beteiligt sind aber auch hier die Staatsanwaltschaft und ein Richter. Der Richter erlässt auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Prüfung des Akteninhalts den Strafbefehl, wenn er den Angeschuldigten für hinreichend tatverdächig und dem Erlass des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Das Strafbefehlsverfahren ist somit ein vereinfachtes Strafverfahren zur strafrechtlichen Ahndung „leichter“ bis mittelschwerer Delikte.
Bei welchen Straftaten kommt ein Strafbefehl in Betracht?
Der Erlass eines Strafbefehls ist gem. § 407 Abs. 1 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) nur bei sog. Vergehen möglich (§ 12 Abs. 2 StGB). Vergehen sind Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht sind.
Mit Strafbefehl werden typischerweise vor allem Delikte der leichten und mittleren Kriminalität oder der Massenkriminalität geahndet. Dies sind z.B.
- einfache Körperverletzung (§ 223 StGB),
- Diebstahl/Ladendiebstahl (§ 242 StGB),
- Verkehrsdelikte wie Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB),
- Erschleichen von Leistungen (sog. „Schwarzfahren“ – § 265a StGB),
- Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) oder
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB).
Auch im Steuerstrafrecht, insbesondere bei Steuerhinterziehung (§ 370 AO), und im Wirtschaftsstrafrecht kommt ein Strafbefehl in Betracht. Gerade hier ist der Strafbefehl eine Möglichkeit, ein Strafverfahren diskret und ohne öffentliche Hauptverhandlung zu erledigen.
Was sind die gesetzlichen Grundlagen für einen Strafbefehl?
Der Strafbefehl ist in den §§ 407 bis 412 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. § 407 StPO regelt, in welchen Fällen ein Strafbefehl grundsätzlich zulässig ist. Ein Strafbefehl kann nur dann erlassen werden, wenn
- es sich um ein Vergehen handelt,
- die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Strafbefehls schriftlich beantragt,
- der Angeschuldigte hinreichend verdächtig ist (im Gegensatz zum Urteil, bei dem das Gericht von der Schuld des Täters überzeugt sein muss),
- wenn eine Hauptverhandlung nicht erforderlich erscheint (komplizierte Sachverhalte, die eine Beweisaufnahme erfordern, eignen sich nicht für das Strafbefehlsverfahren).
Mögliche Sanktionen
Die Vorschrift des § 407 Abs. 2 StPO regelt die möglichen Rechtsfolgen als Ahndung einer Straftat im Strafbefehlsverfahren. Dies sind z.B.:
- Geldstrafe zwischen 5 und 360 Tagessätzen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 StGB; bei einer Gesamtgeldstrafe höchstens 720 Tagessätze, § 54 Abs. 2 Satz 2 StGB),
- Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, sofern deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird und der Angeklagte einen Verteidiger hat (wird notfalls zugewiesen),
- Verwarnung mit Strafvorbehalt (eine bestimmte Strafe wird angedroht, aber bis zum Ablauf einer Bewährungszeit nicht verhängt; bewährt sich der Täter aber in dieser Zeit nicht, erfolgt die Verurteilung zu der bereits bezeichneten Strafe),
- Fahrverbot (zwischen 1 und 6 Monaten),
- Entziehung der Fahrerlaubnis (bis zu 2 Jahren),
- Einziehung (Taterträge oder durch die Tat erlangte Gegenstände werden dem Täter entzogen),
- Verbot des Haltens oder Betreuens von Tieren sowie des Handels oder sonstigen beruflichen Umgangs mit Tieren (von einem Jahr bis zu 3 Jahren),
- Außerdem kann auch im Wege des Strafbefehlsverfahrens von einer Strafe abgesehen werden (§ 407 Abs. 2 Nr. 3).
Geldstrafe als übliche Rechtsfolge des Strafbefehls
Ein Strafbefehl enthält in der Regel eine Geldstrafe. Die Geldstrafe wird in sogenannten Tagessätzen beziffert. Die Tagessatzhöhe wird in der Regel nach Ihrem Nettoeinkommen berechnet.
Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, wird Ihr monatliches Nettoeinkommen durch 30 geteilt. Diese Summe ergibt dann die Tagessatzhöhe. Wurden Sie beispielsweise zu 50 Tagessätzen verurteilt und beträgt Ihr monatliches Nettoeinkommen ca. 1.500 Euro, so beträgt die Geldstrafe 2.500 Euro (1.500 Euro Einkommen geteilt durch 30 = 50 Euro pro Tagessatz; 50 Tagessätze mal 50 Euro = 2.500 Euro) plus Gerichtskosten.ttoeinkommen ca. 1.500 Euro, so beträgt die Geldstrafe 2.500 Euro (1.500 Euro Einkommen geteilt durch 30 = 50 Euro Tagessatz; 50 Tagessätze mal 50 Euro = 2.500 Euro) plus Gerichtskosten.
Wie läuft ein Strafbefehlsverfahren ab?
Wenn die Polizei von einer möglichen strafbaren Handlung erfährt, beginnen die polizeilichen Ermittlungen. Für die weiteren Ermittlungen kann die Polizei Zeugen befragen oder z.B. eine Hausdurchsuchung durchführen.
Wenn Sie von der Polizei einer Straftat beschuldigt werden, sollten Sie in jedem Fall schweigen. Machen Sie gegenüber der Polizei keine Angaben! Dies gilt sowohl bei einer persönlichen Konfrontation mit Polizeibeamten als auch bei einer beabsichtigten Vernehmung. Wenden Sie sich in jedem Fall zunächst an einen Strafverteidiger!
Staatsanwaltschaft kann Strafbefehl beantragen
Ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, kann die Staatsanwaltschaft entweder Anklage erheben und die Eröffnung der Hauptverhandlung beantragen oder einen Strafbefehl beantragen. Für einen Strafbefehl müssen die Beweise lediglich die Annahme begründen, dass der Angeschuldigte hinreichend tatverdächtig ist, d.h. die Strafbarkeit muss nicht sicher feststehen.
Strafrichter entscheidet über Strafbefehl oder öffentliche Anklage
Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wird zusammen mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft (z.B. Geldstrafe) und der Ermittlungsakte (Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen) an den Strafrichter übersandt. Der Strafrichter kann nun insbesondere drei Dinge tun:
- den Erlass des Strafbefehls ablehnen,
- eine öffentliche Hauptverhandlung anberaumen oder
- dem Strafbefehl zustimmen.
Stimmt der Richter dem Strafbefehl zu, wird dieser ausgefertigt und zugestellt. Danach beginnt eine nur zweiwöchige Einspruchsfrist.
Was bedeutet der Strafbefehl für die Betroffenen?
Wenn gegen Sie ein Strafbefehl ergangen ist, kann dies erhebliche Auswirkungen auf Ihr Leben haben. So kann der Strafbefehl ausreichen, um als vorbestraft zu gelten. Bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen (also ab dem 91. Tagessatz) gilt man als vorbestraft. Gleiches gilt bei einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 5 Bundeszentralregistergesetz). Strafbefehle mit einem solchen Strafmaß sind dann auch im Führungszeugnis ersichtlich, so dass dies auch zu Konsequenzen im beruflichen Umfeld führen kann.
Wird im Strafbefehl eine Geldstrafe verhängt, können die finanziellen Folgen schnell belastend werden. Eine Geldstrafe von z.B. 90 Tagessätzen entspricht bei richtiger Berechnung der Tagessätze dem Nettoverdienst von drei Monaten. Kann die Geldstrafe nicht bezahlt werden, ist eine Umwandlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe möglich.
In seltenen Fällen kann im Strafbefehlsverfahren auch eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängt werden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Solange man während der Bewährungszeit nicht erneut straffällig wird oder gegen die Bewährungsauflagen verstößt, muss man die Haft nicht antreten. Allerdings kann eine Bewährungsstrafe psychischen Druck ausüben, da bei einem Verstoß gegen die Bewährungsauflagen eine Inhaftierung droht. Dieser Druck ist nicht zu unterschätzen.
Was kann ich gegen einen Strafbefehl unternehmen?
Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten, müssen Sie schnell handeln! Sie haben nach der Zustellung nur zwei Wochen Zeit, um Einspruch einzulegen. Prüfen Sie daher in jedem Fall so schnell wie möglich, ob Sie den Strafbefehl akzeptieren wollen oder lassen Sie sich von einem Anwalt für Strafrecht beraten. In jedem Fall sollten Sie die Postzustellungsurkunde bzw. den Umschlag, auf dem das Datum der Zustellung vermerkt ist, aufheben und nicht wegwerfen. Dies ist für die Berechnung der Einspruchsfrist wichtig!ulegen. Prüfen Sie daher in jedem Fall so schnell wie möglich, ob Sie den Strafbefehl akzeptieren wollen oder lassen Sie sich von einem Anwalt für Strafrecht beraten. In jedem Fall sollten Sie die Postzustellungsurkunde bzw. den Umschlag, auf dem das Datum der Zustellung vermerkt ist, aufheben und nicht wegwerfen. Dies ist für die Berechnung der Einspruchsfrist wichtig!
Wenn Sie Zweifel an der Höhe oder der Anzahl der Tagessätze oder an Ihrer Beteiligung an der vorgeworfenen Straftat haben, sollten Sie sich so schnell wie möglich an einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden. Wie bereits erwähnt, können Sie nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls Einspruch einlegen.
Es gibt zwei Arten des Einspruchs gegen einen Strafbefehl:
- Beschränkter Einspruch gegen die Strafe: Wenn Sie z.B. mit der Berechnung des Tagessatzes nicht einverstanden sind, weil Ihr monatliches Einkommen deutlich niedriger ist oder Ihnen die Anzahl der Tagessätze zu hoch erscheint, können Sie einen beschränkten Einspruch nur gegen die Tagessätze bzw. die Strafe des Strafbefehls einlegen.
- Vollständiger Einspruch: Wenn Sie z.B. sicher sind, dass Sie die Ihnen vorgeworfene Straftat überhaupt nicht begangen haben, können Sie auch gegen den gesamten Strafbefehl Einspruch einlegen.
Wie es nach dem Einspruch weitergeht
Wurde der Einspruch rechtzeitig eingelegt, wird eine öffentliche Hauptverhandlung anberaumt. Bei einem umfassenden Einspruch wird über den Tatvorwurf einschließlich der Strafe verhandelt. Bei der Hauptverhandlung müssen Sie in der Regel nicht persönlich erscheinen. Es genügt, wenn ein Rechtsanwalt Sie vor Gericht vertritt. Das Gericht kann aber das persönliche Erscheinen anordnen.
Vorsicht: Strafe kann nach Einspruch härter ausfallen
In dieser Hauptverhandlung kann die Strafe, die dann durch Urteil verhängt wird, aber auch härter ausfallen. Ein Verschlechterungs- oder Verschärfungsverbot (lat. reformatio in peius) gibt es nicht. Der Strafrichter kann also von der Strafe, die im Strafbefehl verhängt wurde, auch nach oben abweichen. Diese Gefahr besteht in jedem Fall, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt wird.dlung kann die Strafe, die dann durch Urteil verhängt wird, aber auch härter ausfallen. Ein Verschlechterungs- oder Verschärfungsverbot (lat. reformatio in peius) gibt es nicht. Der Strafrichter kann also von der Strafe, die im Strafbefehl verhängt worden wäre, nach oben abweichen. Diese Gefahr besteht in jedem Fall, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt wird.
Ein Einspruch gegen einen Strafbefehl sollte nie ohne vorherige anwaltliche Prüfung erfolgen, da es kein sogenanntes Verschlechterungsverbot in der Hauptverhandlung gibt. Der Einspruch kann also zu einem höheren Strafmaß als im ursprünglichen Strafbefehl vorgesehen führen.
Fazit: Der Strafbefehl – ein vereinfachtes Verfahren mit Tücken
Das Strafbefehlsverfahren ermöglicht es, Delikte im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität ohne mündliche Verhandlung abzuwickeln. Das mag zwar effizient sein, birgt aber auch Gefahren für den Beschuldigten. Zwar kann der Strafbefehl ihm eine öffentliche Hauptverhandlung „ersparen“, aber damit wird ihm auch die Möglichkeit genommen, sich in einer Verhandlung aktiv zu verteidigen und seine Sicht der Dinge darzulegen. Da die Beweislage für den Erlass eines Strafbefehls nur hinreichenden Tatverdacht begründen muss, muss die Schuld nicht zweifelsfrei erwiesen sein, was Raum für richterliche Fehlentscheidungen eröffnet. Zudem ist die Einspruchsfrist von zwei Wochen sehr knapp bemessen, um eine Sachlage zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Einspruch sinnvoll ist.
Der Strafbefehl kann weitreichende Folgen haben und ist daher ernst zu nehmen. Die Beratung durch einen spezialisierten Strafverteidiger ist daher dringend angeraten. Dieser kann den Strafbefehl und die zugrundeliegenden Ermittlungsakten prüfen, die Erfolgsaussichten eines Einspruchs bewerten und den Beschuldigten im gesamten Verfahren optimal vertreten. Nur so können die Rechte des Beschuldigten gewahrt und mögliche Nachteile vermieden werden. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Fragen zum Strafbefehlsverfahren und möglichen Konsequenzen für Sie haben!