Ich fordere Gerechtigkeit

„Baustellenbesichtigung gefällig? Audio- oder Video-Dokumentation des Strafprozesses – im Vermittlungsausschuss krepiert. Strafjustiz – unterbesetzt und überlastet. Haftentschädigung für unschuldig Eingesperrte – jämmerlich. Gebühren für Pflichtverteidiger – eine Zumutung. Mordparagraf – anachronistisch. Revisionsverfahren – intransparent. Stattdessen: ewige Diskussionen, ob das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (vulgo: „Fahrerflucht“) nun Straftat bleiben oder Ordnungswidrigkeit werden sollte. Die einen sagen so, die anderen so.“

Die wichtigsten Projekte im Überblick

In einem Essay in der heutigen Ausgabe der ZEIT wirft unser Partner Dr. Yves Georg einen Blick darauf, welche vier Projekte der neue Justizminister (all genders included) im Strafrecht vor allem angehen muss:

1. Das ist zum einen die Dokumentation der strafprozessualen Hauptverhandlung. Dagegen läuft eine Brigade aller (!) deutschen Generalstaatsanwälte mit bisweilen den Verstand beleidigenden „Argumenten“ Sturm.

2. Zum anderen das Revisionsverfahren: 9 von 10 Revisionen werden (zumindest teilweise) durch einen Beschluss als „offensichtlich unbegründet“ verworfen, der nicht begründet werden muss. Gefasst wird er von fünf Bundesrichtern von denen drei das Urteil und die Revisionsbegründung bloß vom Hörensagen aus der mündlichen Zusammenfassung des Berichterstatters kennen.

3. und 4. Die Erhöhung von Haftentschädigungen und Pflichtverteidigergebühren:

Um insgesamt auf die Jahresbezüge der drei Berufsrichter zu kommen, die für die Zerstörung seines Lebens verantwortlich sind (dafür aber nie zur Rechenschaft gezogen werden), muss ein unschuldig Inhaftierter in Deutschland schon fast 8 (früher: 24) Jahre unschuldig gesessen haben.

Und ein Pflichtverteidiger erhält für ein Mandat, in dem er Hunderte Seiten Akten liest, seinen Mandanten regelmäßig in der Haft besucht, ihn tagelang in der Hauptverhandlung verteidigt und davor und danach über Einstellungs-, Nichteröffnungs- und Beweisanträgen, einer Haftbeschwerde und einer Revisionsbegründung sitzt, nicht einmal 4.000 Euro brutto.

All das in einem Land, das sich mit (noch) 733 Abgeordneten (von denen jeder mehr als doppelt so viel kostet wie ein Bundesrichter) das zweitgrößte Parlament der Welt nach dem Nationalen Volkskongress in China leistet.

Der neue Justizminister kann das ändern. Viel braucht es dafür nicht. Bloß ein bisschen Mut – und den Willen zur Gerechtigkeit.

Den ganzen Beitrag aus der ZEIT Nr. 08/2025 vom 19. Februar 2025 können Sie hier lesen.

Weitere Beiträge