Mann bei einer Vernehmung

Falschaussage: § 153 StGB und seine Folgen

Schnell und meist sehr unerwartet kann es passieren, dass man Zeuge eines Unfalls oder eines anderen strafrechtlich relevanten Ereignisses wird und vor Gericht oder Behörden aussagen muss. Gerade als Zeuge von sexuell motivierten Straftaten oder im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts und Steuerstrafrechts steht man dann oft unter großem Druck, erst recht, wenn möglicherweise nahe Angehörige involviert sind oder man sich selbst belasten könnte. Dabei kann die Angst aufkommen, eine Falschaussage zu machen – etwa, weil man sich oder andere schützen will oder auch, weil man etwas schlicht falsch wahrgenommen hat. Viele Fragen drängen sich dann auf, wie

  • Worüber muss ich aussagen?
  • Spielt es eine Rolle, ob ich vor Gericht oder gegenüber der Polizei aussage?
  • Was passiert, wenn ich mich nicht mehr an alles erinnern kann?
  • Steht mir ein Zeugnisverweigerungsrecht zu?
  • Kann ich als Zeuge selbst zum Beschuldigten werden?
  • Welche Strafe kann mir bei einer Falschaussage drohen?
  • Kann ich eine Falschaussage später noch korrigieren?
  • Kann ich anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen?

Diese und weitere Fragen werden wir nachfolgend beleuchten und Ihnen Handlungsempfehlungen für den Fall einer Falschaussage an die Hand geben.

Uneidliche Falschaussage – Einordnung und Definition nach StGB

Es wird zwischen der einfachen Falschaussage und der Falschaussage unter Eid (Meineid) unterschieden. Die uneidliche Falschaussage ist in § 153 StGB geregelt und stellt ein Vergehen dar, während der Meineid gemäß § 154 StGB ein Verbrechen ist, bei dem die Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt.

Wer sich mit dem Vorwurf der Falschaussage konfrontiert sieht, der sollte einen erfahrenen Strafverteidiger an seiner Seite haben und keine Alleingänge unternehmen.

Zuständige Stelle – Falschaussage vor der Polizei oder vor Gericht?

§ 153 StGB verlangt zunächst, dass die Aussage „vor Gericht oder einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle“ erfolgt. In der Regel handelt es sich vornehmlich um Aussagen, die vor Gericht gemacht werden. Andere auch zur eidlichen Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen befugte Stellen sind z.B. die Prüfungsstelle des Patentamtes oder Wahlprüfungsausschüsse.

Bei der Staatsanwaltschaft und der Polizei handelt es sich jeweils um keine zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle handelt. Wenn man aber bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft die Unwahrheit sagt und versucht, einen Beschuldigten zu schützen, kann man sich wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) strafbar machen. Wenn man den Verdacht bewusst auf eine andere Person lenkt, könnte man eine falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) begehen.

Taugliche Personen für eine Falschaussage

Als Personen für eine Falschaussage kommen laut § 153 StGB Zeugen und Sachverständige in Betracht.

Neben anderen Beweismitteln werden häufig Personen zur Sache befragt, die das verfahrensgegenständliche Geschehen beobachtet haben. Nur wenn diese Zeugen wahrheitsgemäß aussagen, kann das Gericht den Tathergang rekonstruieren und ein angemessenes Urteil fällen. Gerade die Zeugen spielen also als Beweismittel eine entscheidende Rolle und sind im Strafprozess nicht wegzudenken.

Entsprechendes gilt auch für Sachverständige, die aufgrund ihrer besonderen Qualifikation über Tatsachen Auskunft geben können, die für die Wahrheitsfindung bedeutend sind.

Dolmetscher hingegen sind gem. § 154 StGB wegen Meineids strafbar, wenn sie „falsch schwören“, d.h. zum Beispiel eine falsche oder unvollständige sprachliche Übertragung wiedergeben.

Die Wahrheitspflicht – Wann ist eine Aussage falsch?

Objektiver Wahrheitsbegriff

Eine Aussage spiegelt eine subjektive Wahrnehmung wider, sie ist also ein persönlicher Bericht und somit nie eine rein objektive Wiedergabe von Tatsachen. Das wirft die Frage auf, wo die Grenzen zwischen einer falschen und einer faktisch richtigen Aussage liegen. Eine richtige Aussage muss demnach im Kern mit einem tatsächlichen Geschehen übereinstimmen. Bei Ungenauigkeiten oder Lücken in der Erinnerung, die das Gesagte zu bloßen Vermutungen werden lassen, gilt es, genau auf diese Umstände hinzuweisen und dem Gericht die Unsicherheit mitzuteilen. Derartige Erinnerungslücken entsprechen der Lebenserfahrung, gerade wenn die Aussage in großem zeitlichem Abstand zum gegenständlichen Geschehen liegt.

Auch eine unvollständig abgegebene Aussage kann als Falschaussage gewertet werden, wenn die Unvollständigkeit die wesentlichen Fakten nicht offenbart und die Aussage trotzdem als vollständig ausgegeben wird.

Vorsatz erforderlich

Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, dass der Zeuge seine falsche Aussage mit Vorsatz getätigt hat. Er muss es also zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen, dass die Aussage der Wahrheit nicht entspricht. Die subjektive Vorstellung ist somit entscheidend. Wer hingegen irrtümlich eine falsche Aussage macht, weil er selbst von deren Wahrheitsgehalt überzeugt ist, handelt ohne den erforderlichen Vorsatz und macht sich nicht strafbar.

Junge Frau tätigt eine Falschaussage

Strafbarkeit und sonstige schwerwiegende Folgen

§ 153 StGB sieht für eine Falschaussage eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor. Eine Geldstrafe kommt nur dann in Bertracht, wenn die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter 6 Monaten zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht unerlässlich ist. Das Strafmaß ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Wenn man beispielsweise keine Vorstrafen hat und zudem geständig ist, wird sich die Strafe eher im unteren Bereich bewegen. Sollte man bereits vorbestraft sein und kein Geständnis ablegen, kann die Freiheitsstrafe allerdings im Bereich von mehreren Jahren Freiheitsstrafe liegen, vor allem wenn man bereits einschlägige Vorstrafen wegen Falschaussage oder ähnlicher Delikte hat und damit als Wiederholungstäter gilt. Bei der Entscheidung eines Falls aus Bielefeld wurde außerdem strafschärfend berücksichtigt, dass der Täter hartnäckig auf der Richtigkeit seiner Aussage beharrte. (OLG Hamm,  Beschluss vom  11. 8. 2009 –  3 Ss 233/09).

Eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr wird in der Regel zur Bewährung ausgesetzt. Beträgt die Freiheitsstrafe mehr als 2 Jahre, kann diese nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Neben der Freiheitsstrafe erfolgt ein Eintrag im Führungszeugnis.

Die Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage sowie auch der Versuch der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) sind ebenfalls strafbar. Darüber hinaus ist es möglich, sich wegen möglicher Folgen einer Falschaussage gegenüber dem Geschädigten schadensersatzpflichtig zu machen. Die Konsequenzen der uneidlichen Falschaussage können also sehr schwerwiegend sein.

Strafmilderung

Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht

Vor jeder Vernehmung hat das Gericht den Zeugen auf sein möglicherweise bestehendes Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht hinzuweisen. Ein Auskunftsverweigerungsrecht steht dem Zeugen dann zu, wenn er durch wahrheitsgemäße Beantwortung sich selbst oder einen seiner Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Besteht ein derartiges Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht nicht oder tätigt der Zeuge dennoch seine Aussage, kann der Zeuge die zunächst falschen Angaben bis zum Abschluss der Aussage berichtigen, ohne dass er sich strafbar macht, da die Aussage dann insgesamt richtig ist. Abgeschlossen ist die Aussage, sobald der Zeuge nichts mehr bekunden und kein Verfahrensbeteiligter mehr Fragen an ihn stellen möchte. Korrigiert der Zeuge bis zum diesem Zeitpunkt seine Angaben nicht, ist die Tat vollendet.

Möglichkeit der Berichtigung

Nach Vollendung der Tat, kann das Gericht jedoch gemäß § 158 StGB die Strafe mildern oder von der Strafe ganz absehen, wenn der Täter die falsche Angabe berichtigt. Dies gilt aber nur dann, wenn die falsche Aussage rechtzeitig berichtigt wurde.

Unter bestimmten Umständen ist eine Korrektur der falschen Aussage noch möglich, was sich strafmildernd auswirken kann. Dies ist jedoch lediglich bis zu einem gewissen Zeitpunkt möglich, weshalb Betroffene keine Zeit verlieren und sich umgehend anwaltliche Hilfe suchen sollten.

§ 158 StGB formuliert dies wie folgt: „Die Berichtigung ist verspätet, wenn sie bei der Entscheidung nicht mehr verwertet werden kann oder aus der Tat ein Nachteil für einen anderen entstanden ist oder wenn schon gegen den Täter eine Anzeige erstattet oder eine Untersuchung eingeleitet worden ist.“

Aussagenotstand

Gemäß § 157 StGB gilt: „Hat ein Zeuge sich einer falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern“ oder ganz von Strafe absehen, wenn der Zeuge die Unwahrheit gesagt hat, um von einem Angehörigen oder von sich selbst die Gefahr abzuwenden, bestraft zu werden.

Fazit

Beim Vorwurf, eine Falschaussage getätigt zu haben – aber auch in dem sehr viel früheren Stadium der Benennung oder Ladung als Zeuge – stehen Ihnen unsere Experten unterstützend zur Seite. Gerade dann, wenn Sie mit Ihrer Aussage dazu beitragen würden, dass Sie selbst oder eine Ihnen nahestehende Person zum Beschuldigten wird, helfen Ihnen unsere spezialisierten Strafverteidiger.

Dies gilt auch, wenn Sie sich als Zeuge von einem Beschuldigten bedroht oder eingeschüchtert fühlen oder befürchten müssen, dass sensible Informationen aus Ihrem ganz persönlichen Lebensbereich nach außen gelangen.

Wir verfügen über die nötige Expertise um Ihnen als Zeugenbeistand zur Seite zu stehen oder im Falle einer Beschuldigung mit Ihnen eine effektive Verteidigungsstrategie zu erarbeiten. Mit Hilfe eines erfahrenen Strafverteidigers kann der Vorwurf der Falschaussage möglicherweise aus dem Weg geräumt oder die Rechtsfolgen erheblich gemindert werden.

Kontaktieren Sie uns gerne für einen unverbindlichen Ersttermin.

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