Als Arzt greift man regelmäßig in empfindliche Rechtsgüter seiner Patienten ein. Wenn eine Behandlung dann nicht glückt, steht schnell der Vorwurf eines Behandlungsfehlers im Raum. Im schlimmsten Fall kommt es zum Tod des Patienten. In solchen Situationen erheben die Angehörigen teilweise Strafanzeige, um den behandelnden Arzt „zur Rechenschaft zu ziehen“. Eine vorsätzliche Schädigung seiner Patienten an Leib und Leben wird einem Arzt dabei selten angelastet, vielmehr beziehen sich die Beschuldigungen oft auf eine fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB.
Solche Vorwürfe können erhebliche straf- und berufsrechtliche Konsequenzen für die Beschuldigten haben. Es ist daher wichtig zu wissen, wann überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt und in welchen Fällen dieser auch zu einer Strafbarkeit nach § 222 StGB führt.
Was ist ein Behandlungsfehler?
Die Behandlung von Patienten erfolgt in der Regel auf der Grundlage eines Behandlungsvertrages (§ 630a BGB). Durch diesen Vertrag schuldet der behandelnde Arzt dem Patienten die Leistung der versprochenen Behandlung. Der Arzt schuldet dabei jedoch lediglich die Behandlung lege artis, also eine Behandlung nach den bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards (§ 630a Abs. 2 BGB), nicht aber einen Erfolg der Behandlung.
Ein Behandlungsfehler liegt demnach nur dann vor, wenn die Behandlung nicht dem allgemein anerkannten fachlichen Standard entspricht, der zum Zeitpunkt ihrer Durchführung besteht. Auch wenn Abläufe im Krankenhaus schlecht aufeinander abgestimmt sind oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal eine Behandlung durchführt, kann ein Fehler vorliegen; dieser wird dann Organisationsfehler genannt. Fehler können dabei in den unterschiedlichsten Bereichen der medizinischen Versorgung entstehen, z.B. bei der Aufklärung im Patientengespräch, der Medikamentenauswahl, bei der Diagnose, oder auch bei einer Operation. Es ist allerdings zu betonen, dass nicht jede Schädigung eines Patienten auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Oft lassen sich bestimmte Schädigungen schlichtweg nicht vermeiden.
Wann ist ein Behandlungsfehler strafbar?
Ein Behandlungsfehler ist immer dann strafbar, wenn durch ihn ein strafrechtlicher Tatbestand erfüllt wird. In der Praxis geht es meist um eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) und/oder wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB).
Um sich einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB strafbar zu machen, müssen mehrere Voraussetzungen vorliegen:
- Handlung des Täters, die den Tod des Opfers herbeiführt (Tathandlung),
- „Ursachen“-Zusammenhang zwischen sorgfaltswidrigen Verhalten und Tod des Opfers (Taterfolg),
- Fahrlässigkeit des Täters,
- Rechtswidrigkeit der Tat.
In der medizinstrafrechtlichen Praxis liegen die Probleme meist beim „Ursachen“-Zusammenhang, der sogenannten Kausalität, und dem Maß der erforderlichen Sorgfalt im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung.
Die Vermeidbarkeit des Taterfolges
Um eine Strafbarkeit zu begründen, muss der Tod des Patienten dem Arzt auch zurechenbar sein. Das Fehlverhalten des Arztes und der daraus resultierende Behandlungsfehler müssen kausal für den Tod des Patienten gewesen sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn derselbe Taterfolg auch bei verkehrsgerechten Verhalten sicher oder möglicherweise eingetreten wäre; der Tod des Patienten also für den Arzt eventuell unvermeidbar war.
In der Praxis kommt es hier oft zu Beweisschwierigkeiten. Der menschliche Körper ist sehr komplex und schwer zu verstehen. Inwiefern ein verkehrsgerechtes Verhalten den Tod des Patienten hätte verhindern können, lässt sich meist kaum beurteilen. Häufig ist der Tod eines Patienten auch multikausal, so dass es schwierig ist, die Überlebenschancen eines solchen Patienten in einem alternativen Kausalverlauf zu bewerten. Gerichte sind bei dieser Beurteilung in besonderem Maße auf die Einschätzung von Sachverständigen angewiesen. Das Risiko einer Fehlbewertung durch das Gericht ist groß. Gerade deshalb sollten Sie sich bei einem solchen Vorwurf unbedingt die Unterstützung eines Strafverteidigers mit Spezialisierung im Medizinstrafrecht suchen.
Wir bei Schwenn Kruse Georg blicken als Strafverteidiger mit Spezialisierung im Medizinstrafrecht auf jahrelange Erfahrung mit Fällen aus diesem Bereich zurück. Dadurch bringen wir nicht nur die erforderliche juristische Expertise mit, sondern wissen auch um die Diskretion und Sensibilität, die solche Fälle bedürfen. Kontaktieren Sie uns gerne für einen unverbindlichen Ersttermin.
Sorgfaltsmaßstab bei behandelnden Ärzten
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung ist daher zunächst das Maß der erforderlichen Sorgfalt festzulegen. Dieses richtet sich objektiv nach den Umständen der konkreten Lebenssituation und subjektiv nach den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Täters.
Demnach müssen sich Ärzte an die allgemein anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst halten. Ein „Arztprivileg“, wonach sich die Strafbarkeit auf Fälle grober Behandlungsfehler beschränkt, gibt es nicht. Art und Maß der erforderlichen Sorgfalt ergeben sich regulär aus den Anforderungen, die bei objektiver Betrachtung an einen besonnenen und gewissenhaften Behandler zu stellen sind. Im Falle einer Behandlung, bei der mehrere Ärzte und medizinisches Hilfspersonal beteiligt sind, bestimmt sich das Maß der Sorgfalt jedes Beteiligten nach seinem jeweiligen Verantwortungsbereich.
Welche Konsequenzen drohen bei einer fahrlässigen Tötung?
Bei einer Verurteilung wegen einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB kommt eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe in Betracht. Bei Ärzten kann eine Verurteilung auch berufsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entziehung der Approbation verursachen.
Darüber hinaus hat allein schon die Beschuldigung einer solchen Tat erhebliche Reputationsschäden zur Folge. Sie kann nicht nur das Berufs-, sondern auch das Sozialleben immens beeinträchtigen. Sowohl die Verurteilung als auch schon die Beschuldigung wegen einer fahrlässigen Tötung haben in der Regel existenzbedrohende Folgen für praktizierende Ärzte.
Beschuldigung wegen einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 – Wie Sie richtig reagieren
Sobald Sie Kenntnis von Vorwürfen gegen Sie wegen einer fahrlässigen Tötung erhalten, sollten Sie sich umgehend einen auf Medizinstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger suchen. Je früher Sie sich anwaltliche Unterstützung dazu holen, desto mehr Zeit hat Ihr Strafverteidiger eine effektive Verteidigungsstrategie mit Ihnen auszuarbeiten. Achten Sie darauf, ohne anwaltliche Rücksprache keine Aussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden zu tätigen. Machen Sie von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch.
Besonders im Medizinstrafrecht ist es aufgrund der dem Verfahren zugrundeliegenden komplexen Sachverhalte unerlässlich einen Strafverteidiger mit einschlägiger Erfahrung an seiner Seite zu wissen. Zögern Sie daher nicht, uns für eine unverbindliche Erstberatung zu kontaktieren.
Sobald Sie uns mit der Betreuung Ihres Falles mandatiert haben, werden wir etwaige Vorladungen bei den Ermittlungsbehörden für Sie absagen und Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft beantragen. Um etwaige strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, ist es stets unser Ziel die Ermittlungen gegen Sie noch vor Eröffnung der öffentlichen Hauptverhandlung einstellen zu lassen. Wir gehen dabei mit der erforderlichen Sensibilität und Diskretion vor, um Schäden an Ihrer Reputation zu vermeiden.
FAQ
Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?
Der Arzt schuldet seinem Patienten grundsätzlich die Behandlung nach den bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards. Es ist also kein Erfolg der Behandlung geschuldet. Nur wenn der Arzt die Regeln der ärztlichen Kunst verletzt, liegt auch ein Behandlungsfehler vor.
Wann macht man sich einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB strafbar?
Um sich gemäß § 222 StGB strafbar zu machen, muss man fahrlässig eine Handlung begehen, die den Tod des Opfers verursacht. Besonders problematisch ist hier meist die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den Tod des Opfers und der an Ärzte anzulegende Sorgfaltsmaßstab im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung nach § 222 StGB?
Bei einer Verurteilung gemäß § 222 StGB kommt eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe in Betracht. Darüber hinaus kann es auch zu berufsrechtlichen Konsequenzen kommen. Neben den rechtlichen Folgen erleidet der Beschuldigte oft schon durch den bloßen Vorwurf einer fahrlässigen Tötung erhebliche Reputationsschäden.
Wie sollte ich mich als Beschuldigter einer fahrlässigen Tötung verhalten?
Es ist wichtig, dass Sie sich unverzüglich die Unterstützung eines Strafverteidigers mit Spezialisierung im Medizinstrafrecht suchen. Ohne anwaltliche Rücksprache sollten Sie auf keinen Fall mit den Ermittlungsbehörden sprechen. Machen Sie von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch. Kontaktieren Sie uns gerne, um einen unverbindlichen Ersttermin zu vereinbaren.