Exhibitionismus nach § 183 Strafgesetzbuch (StGB) ist ein Straftatbestand, der zum Sexualstrafrecht zählt, der eine Besonderheit ausweißt: er stellt lediglich exhibitionistische Handlung von Männern unter Strafe.
Steht der Vorwurf „Exhibitionismus“ im Raum, bezieht sich der Tatvorwurf also auf eine Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Entsprechend ist es sinnvoll, einen Strafverteidiger bzw. Rechtsanwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen, der mit dem Sexualstrafrecht vertraut ist und auch mit dem Straftatbestand des Exhibitionismus vollkommen vorurteilsfrei umgeht.
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Was ist Exhibitionismus?
Der Straftatbestand des Exhibitionismus nach § 183 Abs. 1 StGB erfüllt, wenn
- ein Mann sein nacktes Geschlechtsteil (Penis) zeigt und
- sich allein dadurch oder zusätzlich durch die Beobachtung der Reaktionen einer anderen Person sexuell erregen, seine sexuelle Erregung steigern oder sich (evtl. zusätzlich durch Masturbation) befriedigen möchte.
Die Vornahme einer sexuellen Handlung (z.B. der Masturbation) ist jedoch nicht zwingend für eine Strafbarkeit notwendig, das Entblößen ist bereits ausreichend.
Strafbar sind diese Verhaltensweisen, um andere Personen vor der ungewollten Konfrontation mit sexuellen Handlungen anderer zu schützen und um die sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen zu wahren. Denn die unvorhergesehene Konfrontation mit einem nackten Penis – ob erigiert oder nicht – oder dem Onanieren eines Mannes in der Öffentlichkeit kann bei anderen Personen Unsicherheit, Scham und ein Belästigungsgefühl auslösen.
Voraussetzungen der Strafbarkeit
Allerdings ist es nicht immer strafbar, wenn ein nacktes Geschlechtsteil in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht wird. Denn auch der Straftatbestand des Exhibitionismus kennt objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale. Nur wenn beide erfüllt sind, droht überhaupt eine Strafbarkeit in Form eines Strafbefehls oder einer Verurteilung. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Wille, sich durch den Akt der Entblößung selbst oder zusätzlich durch die Opferreaktion sexuell zu erregen.
Nur ein Mann kann Exhibitionismus begehen – keine Strafbarkeit von Frauen
Das Gesetz legt es ausdrücklich fest: Nur Männer können sich als Täter gem. § 183 StGB strafbar machen. So formuliert das StGB:
„Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt…“
Frauen sind also ausdrücklich ausgenommen.
Begehen Frauen exhibitionistische Handlungen kann das allerdings auch strafbar sein. Entblößt sich eine Frau in der Öffentlichkeit kann das eine Erregung öffentlichen Ärgernisses nach § 183a StGB sein. In einem solchen Fall ist aber auch denkbar, dass es nicht zu einem Strafverfahren kommt, sondern nur zu einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen einer „Belästigung der Allgemeinheit“ nach § 118 OWiG. Hier droht dann keine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, sondern lediglich eine Geldbuße.
Exhibitionistische Handlung
Voraussetzung ist zunächst, dass der Täter einem anderen ohne dessen Einverständnis sein entblößtes Geschlechtsteil vorzeigt, um sich entweder dadurch oder zusätzlich durch Beobachten der Reaktion des Opfers oder durch Masturbation sexuell zu erregen oder zu befriedigen. Alter und Geschlecht des Opfers sind dabei unerheblich, meist sind aber Frauen und Minderjährige davon betroffen.
Das Entblößen aus anderen als sexuellen Gründen, zum Beispiel bei bloßem Urinieren, Sonnenbaden oder dem Besuch einer Sauna, als „Nackt-Jogger“, „Nackt-Wanderer“ oder „Flitzer“ wird hingegen nicht vom Straftatbestand erfasst.
Die Öffentlichkeit der Handlung ist nicht erforderlich, sodass diese auch in abgegrenzten oder privaten Räumlichkeiten, wie einem Treppenhaus, einem Fahrstuhl, einem Zugabteil oder einem Zimmer geschehen kann. Erforderlich ist aber, dass der Täter es darauf anlegt, dass ein Anderer die Handlung wahrnimmt.
Gleichzeitige körperliche Anwesenheit
Für Diskussionsbedarf gerade in Zeiten der digitalen Kommunikation sorgt das Tatbestandsmerkmal der gleichzeitigen körperlichen Anwesenheit von Opfer und Täter:
Der Tatbestand des § 183 StGB ist nur einschlägig, wenn sich der Mann, der exhibitionistische Handlungen begeht, mit der belästigten Person bzw. den belästigten Personen am gleichen Ort aufhält.
Es wird aber darüber diskutiert, ob es nach § 183 StGB auch strafbar sein kann, wenn ein Mann sein Geschlechtsteil in einem Videochat in Live-Übertragung einer anderen Person zeigt oder vor dieser masturbiert. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteile in einem solchen Fall jedoch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gem. § 183a StGB und nicht wegen der Vornahme einer exhibitionistischen Handlung.
Bei dem Abspielen eines entsprechenden Videos oder dem Verschicken von sog. Dickpics per Messenger-Dienst wie z.B. WhatsApp droht zwar keine Verurteilung gem. § 183 StGB, eine Strafbarkeit wegen „Verbreitung pornografischer Schriften“ (§184 StGB) ist aber möglich.
Belästigung als Erfolg der Tat
Nicht immer ist das Entblößen des Geschlechtsteils oder sind sexuelle Handlungen eines Mannes an sich selbst als Exhibitionismus strafbar. Es kommt auch entscheidend darauf an, welche Reaktion bei potenziellen Opfern hervorgerufen wird. Denn aus der bloßen Beobachtung einer solchen Situation kann nicht automatisch auf eine Belästigung der Person geschlossen werden.
Durch das Entblößen muss sich mindestens eine Person, die das Geschehen beobachtet und den Sexualbezug der Handlung versteht, belästigt fühlen. Erfasst ist nicht nur die „Zielperson“ der Täters sondern jede Person, die den Vorgang wahrnimmt. Welche Person sich also konkret belästigt fühlt, ist irrelevant.
Bei dieser Person müssen negative Gefühle wie Schrecken, Angst, Verärgerung, Ekel, Abscheu oder Verletzung des Schamgefühls hervorgerufen werden. Empfindet die Person hingegen nur Mitleid, Verwunderung oder Gleichgültigkeit, kann nicht von einer Belästigung ausgegangen werden. Eine Belästigung ist in der Regel wahrscheinlicher, wenn der Täter seinem Opfer nahe kommt, insbes. aber wenn er es berührt, anspricht oder vor ihm onaniert.
Ob das potenzielle Opfer die sexuelle Komponente der Handlung versteht, kann vor allem bei Kindern oder geistig verwirrten Personen von entscheidender Bedeutung sein. Gerade bei Kindern ist zu prüfen, ob sie den Vorgang überhaupt einordnen konnten oder ob die Belästigung erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der Reaktion der Eltern oder anderer Betreuungspersonen konstruiert wird.
Sexuelle Motivation
Außerdem muss die exhibitionistische Handlung sexuell motiviert sein. Es muss dem Mann darauf ankommen, durch die exhibitionistische Handlung – oder die Reaktion darauf – sexuell erregt zu werden bzw. sexuelle Befriedigung zu erlangen. Der Täter muss also zum einen beabsichtigen, sein Geschlechtsteil zu präsentieren und zum anderen dabei durch eine andere Person wahrgenommen zu werden.
Zeigt ein Mann seinen Penis oder masturbiert in der Öffentlichkeit nur, um zu schockieren, ist ein solches rein provokative Verhalten nicht als Exhibitionismus strafbar, unter Umständen aber als Erregung öffentlichen Ärgernisses. Das bedeutet auch: Masturbiert ein Mann und wird dabei tatsächlich überrascht, ist dieses Verhalten nicht nach § 183 StGB strafbar. Auch die Erregung durch die Möglichkeit des Entdecktwerdens reicht nicht aus. In beiden Fällen fehlt das subjektive Element.
Strafantrag
Exhibitionismus ist ein relatives Antragsdelikt. Ein Strafverfahren wird also nicht immer von Amts wegen eingeleitet wie bei schwereren (Sexual-)Straftaten. Nur wenn z. B. das Opfer der Straftat – also die belästigte Person – einen Strafantrag stellt und damit das Strafverfahren in Gang bringt oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, kommt es überhaupt zu einer Verfolgung des Delikts.
Strafe für Exhibitionismus
Kommt es letztendlich zu einem Strafverfahren sind die drohenden Strafen im Vergleich zu anderen Sexualstraftaten verhältnismäßig gering.
So sieht das Strafgesetzbuch grundsätzlich einen Strafrahmen vor, der bei einer Geldstrafe beginnt und bis hin zu einem Jahr Freiheitsstrafe reicht. Wie hoch die Strafe ausfällt, ist dann jeweils vom Einzelfall abhängig. So kommt es u.a. darauf an, wie viele Personen von der Tat betroffen waren, wie stark die Personen betroffen waren und ob ggf. entsprechende Vorstrafen bei dem Mann vorliegen, dem die Tat vorgeworfen wird.
Männer, die exhibitionistische Handlungen krankhaft oder zwanghaft begehen, ihr Verhalten also nur bedingt unter Kontrolle haben (Paraphilie), können zwar ebenfalls wegen Exhibitionismus nach § 183 StGB verurteilt werden. Unter Umständen wird diese psychische Störung allerdings bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigt. Auch Behandlungen und Therapien können in derartigen Fällen gerichtlich angeordnet werden.
Nicht zuletzt kann bei einer Verurteilung nach § 183 StGB auch ein Beschäftigungsverbot drohen, z. B. nach § 58 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz. In einem solchen Fall dürfen strafrechtlich Verurteilte keine Jugendlichen beschäftigen, beaufsichtigen, anweisen oder ausbilden. Wer entgegen diesem Verbot einen Jugendlichen z. B. im eigenen Betrieb anstellt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Anwaltliche Hilfe beim Tatvorwurf Exhibitionismus
Grundsätzlich ist Unterstützung von einem Rechtsanwalt für Strafrecht bzw. Strafverteidiger immer sinnvoll, wenn ein Strafverfahren eingeleitet wurde – auch und vor allem, wenn es um den Vorwurf einer Sexualstraftat geht. Gerade beim Vorwurf des Exhibitionismus kommt es ganz wesentlich auf eine effiziente Verteidigungsstrategie an, wenn es um die subjektiven Elemente des Straftatbestandes geht (Wille zur Belästigung und sexuelle Motivation der Handlung). Mit professioneller Unterstützung steigt die Chance, dass ein Strafverfahren eingestellt wird bzw. das Verfahren einen möglichst milden Ausgang nimmt.