Junger Mann, dem Beleidigung auf sexueller Grundlage vorgeworfen wird

Beleidigung auf sexueller Grundlage

In den letzten Jahren häufen sich die Anzeigen und Vorladungen wegen „sexueller Beleidigung“ oder „Beleidigung auf sexueller Grundlage“. Dabei kennt das deutsche Strafrecht keinen eigenen Tatbestand für ein solches Delikt. Strafbar sind nach § 185 StGB Beleidigungen. Außerdem hat der Gesetzgeber im Jahr 2016 den Tatbestand der sexuellen Belästigung in § 184i StGB eingefügt. Daneben gibt es den Tatbestand des § 177 StGB (Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung).

Jede dieser Normen stellt unterschiedliche Verhaltensweisen unter Strafe. Es kann zwar zu Überschneidungen kommen, sodass eine Tat mehrere Tatbestände gleichzeitig verwirklicht; manch ein Verhalten, das gemeinhin als sexuell anzüglich empfunden wird, kann aber auch straflos bleiben, weil es keinem dieser Tatbestände unterfällt. Wer wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage beschuldigt wird, sollte sich von einem erfahrenen Anwalt für Sexualstrafrecht beraten lassen. Denn selbst wenn sich manchmal bei genauer Betrachtung herausstellt, dass nur eine geringfügige „herkömmliche“ Beleidigung oder gar keine Straftat vorliegt, nehmen die Ermittlungsbehörden diese Taten sehr ernst und verfolgen sie konsequent.

Der Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB

Die Beleidigung gemäß § 185 StGB setzt einen Angriff auf die persönliche Ehre der betroffenen Person voraus. Es soll derjenige bestraft werden, der einem anderen gegenüber seine Missachtung oder Nichtachtung zum Ausdruck bringt. Erfasst sind einerseits unwahre Tatsachen, die dem Ansehen des Betroffenen schaden können, zum Beispiel: „Du hast mich beklaut“. Zum anderen fallen unter den Tatbestand negative Werturteile wie „Idiot“, „Trottel“, „Arschloch“ und viele weitere. Die Aussage kann den Empfänger auf verschiedenen Wegen erreichen, ob im persönlichen Gespräch, in Textnachrichten oder Kommentaren in sozialen Netzwerken. Als Tathandlung einer Beleidigung kommen nicht nur verbale Äußerungen in Betracht. Auch ehrverletzende Gesten wie das Anspucken, Ohrfeigen oder Zeigen des Mittelfingers können in den Bereich der Beleidigung auf sexueller Grundlage fallen.

Der Adressat muss die Beleidigung wahrnehmen, daran fehlt es zum Beispiel, wenn der Täter in einer nicht verstandenen Fremdsprache spricht. Bei der Einstufung einer Äußerung als beleidigend kommt es im Übrigen nicht auf das subjektive Empfinden des Betroffenen an. So ist es unerheblich, wenn sich ein besonders empfindlicher Mensch schnell beleidigt fühlt. Vielmehr muss die Handlung oder Äußerung objektiv als Herabwürdigung zu verstehen sein. Dabei sind der aktuell übliche Sprachgebrauch und die Beziehung zwischen Täter und Opfer zu berücksichtigen. Der Täter muss weiterhin vorsätzlich handeln, also auf die Ehrverletzung abzielen, sie wissentlich herbeiführen oder sie wenigstens billigend in Kauf nehmen.

Antragsvoraussetzung und Strafmaß für Beleidigungen

Grundsätzlich wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Um eventuell geschädigte Personen effektiv zu schützen, nehmen die Behörden die Ermittlungen von sich aus auf, sobald sie Kenntnis von einer Tat erhalten. Eine Beleidigung kann mit Geldstrafe oder in einfachen Fällen mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden. Bei bestimmten Begehungsformen kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zwei Jahre betragen, nämlich wenn die Beleidigung in der Öffentlichkeit stattfand, durch eine Tätlichkeit oder durch Verbreiten von Inhalten begangen wurde.

In den meisten Fällen, die zur Anklage kommen, verhängt das Gericht im Ergebnis eine Geldstrafe. Insbesondere Ersttäter müssen noch nicht mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Dennoch kann das Verfahren sehr belastend für den Beschuldigten sein, wenn er sich einer öffentlichen Hauptverhandlung stellen muss. Dies gilt insbesondere beim Vorwurf der Beleidigung auf sexueller Basis, da Delikte mit sexuellem Bezug gesellschaftlich stark geächtet werden. Die mit der Verhandlung verbundene Rufschädigung kann sich sowohl auf die private als auch die berufliche Zukunft einschneidend auswirken.

Junge Frau, die sich sexuell beleidigt fühlt

Abgrenzung zu sexueller Belästigung und sexueller Nötigung

Im Gegensatz zur Beleidigung setzt die sexuelle Belästigung nach § 184i StGB stets Körperkontakt voraus, verbale Übergriffe werden nicht erfasst. Strafbar macht sich danach, wer das Opfer mit sexueller Zielrichtung berührt und dadurch belästigt. Es kann sich um die Berührung mit einem Körperteil oder auch einem Gegenstand handeln. Häufige Begehungsformen sind unerwünschte Küsse sowie das Anfassen der Brüste oder des bekleideten Intimbereichs. Anders als bei der Beleidigung ist hier auch das subjektive Empfinden des Opfers maßgeblich. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn sich die betroffene Person belästigt fühlt.

Ein sexueller Übergriff nach § 177 StGB kommt nur bei einem Verhalten infrage, das eine gewisse Erheblichkeit erreicht. Wenn die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten ist, greift das Gericht gern auf die sexuelle Belästigung als Auffangtatbestand zurück.

Ehrverletzung entscheidend für Beleidigung auf sexueller Grundlage

Das sogenannte Delikt der sexuellen Beleidigung wird oft herangezogen, wenn ein Verhalten zwar obszön und für die betroffene Person unangenehm ist, es aber nicht für eine Verurteilung wegen sexueller Belästigung oder Nötigung ausreicht, etwa weil es nicht zu einem Körperkontakt kam. Eine Aussage oder Geste mit sexuellem Bezug stellt aber nur dann eine Beleidigung nach § 185 StGB dar, wenn sie auch eine ehrverletzende Zielrichtung hat. Dies ist der Fall, wenn jemand eine Person mit anzüglichen Äußerungen herabzusetzen versucht, indem er sie beispielsweise als „Nutte“ oder „Schlampe“ bezeichnet. Auch die häufigen Formen der sexuellen Belästigung, wie das Anfassen der Brüste, können im Einzelfall zugleich als Beleidigung gewertet werden.

Die Rechtsprechung nimmt dagegen zumeist keine Ehrverletzung an, wenn ein Mann in plumper Weise einer Frau verdeutlicht, dass er an einem Sexualkontakt mit ihr interessiert ist. Denn mit dummen Anmachsprüchen oder Gesten möchte der Mann die Frau nicht kränken. Das Gleiche gilt, wenn jemand seiner Angebeteten ungefragt Nacktfotos von sich schickt. Hier kann höchstens eine Strafbarkeit nach § 184 StGB wegen des Verbreitens von pornografischen Inhalten infrage kommen. Die Fehleinschätzung der eigenen Attraktivität stellt aber keine sexuelle Beleidigung dar. Im Einzelfall kann eine „Anmache“ allerdings als beleidigend eingestuft werden, wenn der Täter kundtut, dass er sich sein Verhalten gerade deshalb erlaubt, weil er die Person missachtet.

Streitig waren früher die Fälle des „Upskirting“ und „Downblousing“. Da das unerwünschte Fotografieren unter den Rock oder in den Ausschnitt sich nicht problemlos unter die genannten Tatbestände einordnen ließ, hat der Gesetzgeber im Jahr 2021 die Vorschrift des § 184k StGB geschaffen. Das Herstellen und Verbreiten solcher Bilder wird nun mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet.

Wie kann ein Anwalt für Sexualstrafrecht helfen?

Wenn Sie wegen einer Beleidigung auf sexueller Grundlage beschuldigt werden, machen Sie keinerlei Angaben gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft, sondern wenden Sie sich sofort an einen spezialisierten Anwalt für Sexualstrafrecht. Denn mit spontanen Aussagen können Sie Ihre Situation verschlechtern. Vertrauen Sie lieber einem Experten, der die Rechtslage zutreffend einschätzen kann. Die Abgrenzung der einzelnen Tatbestände in diesem Bereich fällt oft schwer, häufig kommt es auf objektive Umstände und subjektive Sichtweisen an, die sich nicht immer decken. Die Gerichte müssen in jedem Einzelfall die Gesamtumstände betrachten, um ein Verhalten als strafbar oder straffrei zu bewerten. Hier kann auch Ihr Verteidiger ansetzen und den weiten Spielraum zur Argumentation ausnutzen.

Ihr Anwalt wird zunächst Akteneinsicht beantragen, um zu erfahren, welche Beweismittel die Ermittlungsbehörden gesammelt haben. Anschließend kann er für Sie eine aussichtsreiche Verteidigungsstrategie entwickeln. Als Experten für Sexualstrafrecht versuchen wir nach Möglichkeit, eine Verfahrenseinstellung zu erreichen, bevor es überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommt. So können wir unserem Mandanten einen belastenden Auftritt vor Gericht ersparen, der ihn öffentlich stigmatisieren würde. Wir bewerten nicht, sondern wir verteidigen. Zögern Sie daher nicht, uns bei Bedarf zu kontaktierenJe früher Sie uns hinzuziehen, desto besser können wir Ihnen helfen.

FAQ

Was versteht man unter Beleidigung auf sexueller Grundlage?

Das deutsche Strafrecht kennt keinen eigenen Tatbestand für sexuelle Beleidigung bzw. Beleidigung auf sexueller Grundlage. Beleidigungen im herkömmlichen Sinne sind jedoch nach § 185 StGB strafbar. Eine Anzeige bzw. Vorladung wegen sexueller Beleidigung erfolgt somit beim Verdacht auf eine strafbare Beleidigung mit sexueller Konnotation. Dabei steht mitunter auch die Frage im Raum, ob Straftatbestände der sexuellen Belästigung oder gar des sexuellen Übergriffs bei einem solchen Vorwurf erfüllt sein können. Daher sollte eine solche Anzeige nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Was begründet den Vorwurf einer sexuellen Beleidigung?

Welche Strafen kommen bei sexueller Beleidigung in Betracht?

Was soll ich bei einem Vorwurf der Beleidigung auf sexueller Basis tun?

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