Junge Zeugin mit ihrer Anwältin als Zeugenbeistand

Anwalt als Zeugenbeistand – Hilfe in einer belastenden Situation

Zeugen spielen als Beweismittel im Strafprozess eine bedeutende Rolle: Nur wenn sie wahrheitsgemäß aussagen, kann das Gericht den Tathergang richtig rekonstruieren und ein angemessenes Urteil fällen. Deshalb sind Zeugen grundsätzlich verpflichtet, eine Aussage zu machen, und können bei bewussten Falschangaben strafrechtlich belangt werden. Es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmen von der Aussagepflicht, die für Laien schwer zu überblicken sind. Zudem befinden sich Zeugen während der Vernehmung unter emotionaler Anspannung, weshalb es schwieriger sein kann besonnen handeln. Damit ein Zeuge nicht aus Unwissenheit sich selbst oder einen Angehörigen belastet, ist es oftmals sinnvoll, einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand hinzuzuziehen. Außerdem kann ein erfahrener Rechtsanwalt beruhigend auf den Zeugen einwirken und ihm helfen, die ungewohnte Situation bestmöglich zu meistern.

Als Zeuge kommt zunächst jede Person in Betracht, die eine Beobachtung bezüglich eines Tathergangs – ob als Opfer oder anderweitig – gemacht hat. Auch Ehepartner und Verwandte jeden Grades können Zeugen sein, haben aber besondere Rechte.

Pflichten des Zeugen

Zeugen spielen eine zentrale Rolle im Strafprozess, da ihre Aussagen oft entscheidend für die Wahrheitsfindung und somit für ein gerechtes Urteil sind. Mit dieser wichtigen Funktion gehen jedoch auch bestimmte Pflichten einher, die das Rechtssystem den Zeugen auferlegt. Diese Pflichten sollen sicherstellen, dass der Prozess ordnungsgemäß ablaufen kann und alle relevanten Informationen dem Gericht zur Verfügung stehen.

Die Hauptpflichten eines Zeugen lassen sich in drei Kategorien einteilen: die Pflicht zu erscheinen, die Pflicht wahrheitsgemäß auszusagen und in bestimmten Fällen die Pflicht zur Eidesleistung. Jede dieser Pflichten trägt auf ihre Weise dazu bei, dass das Gericht den Sachverhalt möglichst genau rekonstruieren und beurteilen kann. Diese Pflichten stellen fundamentale Bausteine eines funktionierenden Rechtssystems dar. Gleichzeitig gibt es Ausnahmen und Schutzrechte für Zeugen, die in bestimmten Situationen greifen können. Im Folgenden werden wir jede dieser Pflichten im Detail betrachten:

Erscheinenspflicht

Zeugen müssen zur Vernehmung erscheinen, wenn sie vom Gericht ordnungsgemäß geladen wurden. Bei der Zeugenaussage handelt es sich um eine Bürgerpflicht, der jeder nach Möglichkeit nachkommen muss. Wer etwa wegen Unfall oder Krankheit nicht an der Vernehmung teilnehmen kann, muss die Gründe unverzüglich dem Gericht mitteilen und belegen (zum Beispiel durch ein ärztliches Attest). Bleibt ein Zeuge unentschuldigt der Verhandlung fern, werden ihm die dadurch entstandenen Kosten des Verfahrens auferlegt. Zudem kann der Zeuge zwangsweise vorgeführt und mit einem Ordnungsgeld belegt werden. Bei Nichtzahlung eines Ordnungsgeldes droht sogar Ordnungshaft (§ 51 StPO).

Etwas anderes gilt für eine polizeiliche Vorladung zur Zeugenvernehmung. Wenn die Polizei von sich aus einen Zeugen zur Vernehmung einbestellt, muss dieser der Aufforderung nicht nachkommen und sich auch nicht abmelden. Nur wenn die Staatsanwaltschaft die Ladung in Auftrag gegeben hat, besteht die Erscheinenspflicht nach § 163 Abs. 3 StPO ebenso wie bei einer richterlichen Ladung.

Aussagepflicht und Wahrheitspflicht

Alle Zeugen sind zunächst verpflichtet, Angaben zu ihrer Person zu machen, also Namen, Alter, Wohnort und Beruf anzugeben. Sofern kein Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht eingreift, muss der Zeuge sodann alle Fragen zur Sache wahrheitsgemäß beantworten. Eine Falschaussage vor einer zur Abnahme von Eiden berechtigten Stelle ist als uneidliche Falschaussage nach § 153 StGB strafbar. Da Polizei und Staatsanwaltschaft nicht zur Abnahme von Eiden berechtigt sind, fallen Falschaussagen vor diesen nicht unter § 153 StGB. Aber auch hier können unwahre Angaben zur Strafbarkeit führen, zum Beispiel wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB), falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) oder Vortäuschens einer Straftat (§ 145 d StGB).

Eidespflicht

In seltenen Fällen hält es das Gericht für notwendig, einen Zeugen zu vereidigen, weil seine Aussage von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Prozesses ist oder es nur unter Eid eine wahrheitsgemäße Aussage von ihm erwartet. Sofern das Gericht eine Vereidigung nach § 59 Abs. 1 S. 1 StPO anordnet, muss der Zeuge den Eid leisten. Sagt der vereidigte Zeuge falsch aus, droht ihm gemäß § 154 StGB (Meineid) eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr.

Rechte des Zeugen

Zeugen dürfen sich jederzeit von einem selbst gewählten Zeugenbeistand unterstützen lassen (§ 68b StPO). Dieser hat nicht nur das Recht auf Anwesenheit bei allen Vernehmungen, ob durch die Polizei, Staatsanwaltschaft oder das Gericht sondern kann während des gesamten Ermittlungs- und Strafverfahrens hinzugezogen werden. Ein solcher Zeugenbeistand kann dabei helfen, die prozessualen Rechte von Zeugen wirksam geltend zu machen.

Da auch spätere Beschuldigte oftmals zunächst als Zeugen vernommen werden, ist es von Anfang an ratsam, einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand hinzuzuziehen. Kontaktieren Sie uns bei diesem Anliegen gerne!

Wenn ein Zeuge zugleich Opfer einer Straftat geworden ist, kann sein Zeugenbeistand auch im Rahmen desselben Strafverfahrens als Nebenklagevertreter fungieren. Weiterhin hat der Zeuge in bestimmten Fällen das Recht, die Aussage bei der Polizei oder vor Gericht zu verweigern, nämlich wenn ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht zusteht.

Zeugnisverweigerungsrecht

Das Gesetz regelt Zeugnisverweigerungsrechte der Angehörigen des Beschuldigten in § 52 StPO und solche aus beruflichen Gründen in §§ 53, 53a StPO. Nach § 52 StPO sind Angehörige, dienicht zur Aussage verpflichtet sind, Verlobte, Ehegatten und Ex-Ehegatten des Beschuldigten sowie Lebenspartner und ehemalige Lebenspartner. Außerdem gilt das Zeugnisverweigerungsrecht für nahe Verwandte wie Eltern, Kinder, Großeltern, Geschwister, Onkel, Tanten, Schwager und Schwägerinnen sowie ehemals Verschwägerte. Wer ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO hat, darf auch die Vereidigung verweigern (§ 61 StPO).

Nach § 53 StPO dürfen Angehörige bestimmter Berufsgruppen die Aussage verweigern, sofern sie nicht von ihrer gesetzlichen Schweigepflicht entbunden wurden. Das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht sich auf alle Tatsachen, die sie im Rahmen ihrer Berufsausübung erfahren haben. Nicht erfasst sind Informationen, die die Personen außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit erfahren haben. Zu den Berufsgeheimnisträgern gehören zum Beispiel:

  • Geistliche, Psychotherapeuten und Mitarbeiter bestimmter Beratungsstellen
  • Ärzte, Apotheker und Hebammen
  • Rechtsanwälte und Notare
  • Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Journalisten.

Das Zeugnisverweigerungsrecht gilt nach § 53a StPO auch für die Mitarbeiter dieser Geheimnisträger, etwa Arzthelferinnen und Steuerfachangestellte.h für die Mitarbeiter dieser Geheimnisträger, etwa Arzthelferinnen und Steuerfachangestellte.

Zeuge richtet das Mikrofon bei seiner Befragung

Auskunfts- und Aussageverweigerungsrecht

Nach § 55 StPO muss ein Zeuge nicht auf solche Fragen antworten, die ihn selbst oder seine nahen Angehörigen der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen. Dieses Recht wird jedem Zeugen zugestanden und setzt keine persönliche oder berufliche Verbundenheit voraus. Der Begriff der nahen Angehörigen umfasst die selben Personen wie § 52 Abs. 1 StPO. Das Auskunftsverweigerungsrecht berechtigt sowohl zu einer vollständigen Verweigerung der Aussage (Aussageverweigerungsrecht), wenn ihn der gesamte Inhalt der Aussage belasten würde, als auch zur Verweigerung eines Teils der Aussage oder der Beantwortung einzelner Fragen (Auskunftsverweigerungsrecht). Es steht dem Zeugen außerdem frei, lediglich auf Fragen bestimmter Verfahrensbeteiligter nicht zu antworten.

Schließlich müssen Zeugen vor ihrer Vernehmung zur Sache über ihre Verweigerungsrechte belehrt werden. Dies gilt sowohl für das Aussageverweigerungsrecht als auch das Auskunftsverweigerungsrecht.

Bei Meinungsverschiedenheiten über das Bestehen des Auskunftsverweigerungsrechtes kann es geboten sein, die Vernehmung des Zeugen zu unterbrechen und ihm Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt zu geben.

Aufgaben des Zeugenbeistands

Der Rechtsanwalt als Zeugenbeistand erfüllt mehrere wichtige Funktionen: Zunächst bereitet er den Zeugen umfänglich auf die Vernehmungssituation vor. Er berät den Zeugen darüber, ob er überhaupt aussagen muss und über welche Tatsachen er gegebenenfalls schweigen darf. Weiterhin achtet der Zeugenbeistand auf einen ordnungsgemäßen und interessengerechten Ablauf der Vernehmung. Er kann Suggestivfragen, Fragen, die nicht zur Sache gehören, Fragen, die ihn bloßstellen würden und für den Zeugen unverständliche Fragen beanstanden und so erwirken, dass diese nicht beantwortet werden müssen.

Der Zeugenbeistand kann in bestimmten Fällen auch den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen, wenn beispielsweise Tatsachen aus seinem persönlichen Lebensbereich des Zeugen, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse Gegenstand der Vernehmung sind. Er wahrt somit die Persönlichkeitsrechte des Zeugen und die Einhaltung des Datenschutzes. Sofern Anlass besteht, kann er darauf hinwirken, eine Videovernehmung durchzuführen, um die persönliche Begegnung zwischen Täter und Zeugen zu vermeiden. Schließlich kann der Rechtsanwalt dabei unterstützen, dass Angaben, etwa bei der Polizei, richtig und vollständig im Protokoll wiedergegeben werden, z. B. indem er auf möglicherweise notwendige Korrekturen hinweist.

Der Zeugenbeistand fungiert als rechtlicher Berater, Schutzschild und emotionale Stütze, um die Interessen des Zeugen umfassend zu wahren und eine faire Verfahrensführung zu gewährleisten.

Weitere Aufgaben des Zeugenbeistands umfassen:

  • Beantragung von Zeugenschutzmaßnahmen bei Bedrohungssituationen
  • Sicherstellung der Einhaltung von Verfahrensvorschriften
  • Beratung zu möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen im Rahmen einer Nebenklagevertretung.

Fazit

Ein Zeugenbeistand empfiehlt sich insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, dass ein Zeuge selbst oder ein nahestehender Mensch durch die Aussage zum Beschuldigten werden könnten. Auch wenn etwa in Sexualstrafsachen sensible Informationen aus dem persönlichen Lebensbereich des Zeugen ausgebreitet werden, kann ein Rechtsanwalt helfen, die Privatsphäre bestmöglich zu schützen. Leider gibt es auch Fälle, in denen sich der Zeuge vom Beschuldigten bedroht fühlt und deshalb sowohl rechtskundige als auch menschliche Unterstützung braucht. Durch den Zeugenbeistand verschafft sich der Zeuge hier eine ebenbürtige Position zu anderen Prozessbeteiligten.

Wenn Sie als Zeuge in einem Strafverfahren geladen wurden, sollten Sie sich frühzeitig an einen Rechtsanwalt für Strafrecht wenden, um sich über Ihre Rechte und Pflichten beraten zu lassen. Ihr Anwalt kann Ihnen von der ersten Vernehmung an zur Seite stehen, Ihnen Ängste nehmen und Sie vor Fehlern bewahren. Als erfahrene Strafverteidiger stehen wir Ihnen empathisch und fachkundig als Zeugenbeistand zur Verfügung – kontaktieren Sie uns!

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